Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Gruppenverfolgung von Yeziden im Irak
Leitsatz (amtlich)
Die religiöse Gruppe der Yezidinnen und Yeziden im Irak von insgesamt etwa 475.000 Menschen unterliegt keiner Gruppenverfolgung; die Verfolgungsdichte der Yeziden von rund 1:3467 hält einen sicheren Abstand zu der kritischen Verfolgungsdichte.
Normenkette
Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG Art. 9; Qualifikationsrichtlinie 2004/83/EG Art. 10
Verfahrensgang
VG des Saarlandes (Urteil vom 12.12.2006; Aktenzeichen 2 K 46/06.A) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12.12.2006 – 2 K 46/06.A – wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
Prozesskostenhilfe kann der Klägerin für das Zulassungsverfahren nicht gewährt werden (§§ 166 VwGO, 114 ZPO), da das Rechtschutzbegehren aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Dem Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12.12.2006 – 2 K 46/06.A –, mit dem das Verwaltungsgericht den Widerrufsbescheid der Beklagten vom 13.4.2005 bestätigt hat, kann nicht entsprochen werden.
Die Klägerin, die yezidischen Glaubens ist und ihren Glauben nach dem Ergebnis der Anhörung vor dem Verwaltungsgericht sowohl im Irak als auch in Deutschland mit Gebeten und Fasten zuhause praktiziert, stützt ihren Zulassungsantrag auf die von ihr vorgetragene grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 III Nr. 1 AsylVfG).
Als Grundsatzrüge stellt die Klägerin zur Entscheidung des Senats die Frage, ob Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Yezidinnen und Yeziden im Irak einer Gruppenverfolgung unterliegen. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne nicht eine Gefährdungslage für Yeziden bejaht, eine Gruppenverfolgung mit Blick auf die Zahl der Übergriffe aber verneint werden.
Diese Unterscheidung entspricht indes der Rechtsprechung.
Die aufgeworfene Frage bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren; sie lässt sich anhand der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung zur religiösen Gruppenverfolgung im Irak und der im Wesentlichen übereinstimmenden Auskunftslage mit Blick auf die Zahl der Yeziden und die Zahl der Verfolgungsschläge im Erkenntnismaterial ohne Weiteres beantworten.
Rechtlich zugrunde zu legen ist die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts in dem aktuellen Urteil vom 18.7.2006 – 1 C 15/05 – zur Frage der Christenverfolgung im Irak. Danach ist mit allgemeiner Geltung die Frage der religiösen Gruppenverfolgung durch Private nach den gleichen Anforderungen zu prüfen, die bereits für die staatliche Gruppenverfolgung gelten. Die Nachstellungen nichtstaatlicher Akteure müssen zusammen, um eine private Gruppenverfolgung mit der Regelvermutung individueller Betroffenheit annehmen zu können, das Erfordernis der Verfolgungsdichte erfüllen. Anzahl und Intensität der Verfolgungsmaßnahmen müssen festgestellt werden und zu der Größe der Gruppe in Beziehung gesetzt werden. Auf den Maßstab der Verfolgungsdichte kann nicht verzichtet werden; insbesondere nicht zugunsten einer allgemeinen Gefährdungsbetrachtung. In einem neueren Beschluss vom 5.1.2007 – 1 B 59/06 – betrachtet das Bundesverwaltungsgericht die Maßstäbe der Gruppenverfolgung, insbesondere das Erfordernis der Verfolgungsdichte als durch die höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich geklärt. Dem schließt sich auch der Senat an, und nach diesen Maßstäben ist die Frage der Gruppenverfolgung der Yeziden zu behandeln.
Auszugehen ist davon, dass die yezidische Religion eine monotheistische Religion ist, deren Entstehungsgeschichte vermutlich etwa 4.000 Jahre zurückreicht.
UNHCR, Gutachten vom 9.1.2007 für das VG Köln.
Die Religion weist gegenüber Christentum und Islam einige Besonderheiten auf, die auch asylrechtlich von Bedeutung sind. Eine Konversion zum Yezidentum ist nicht möglich, der Religion ist das Element der Missionierung fremd.
Gutachten von amnesty international an VG Köln vom 16.8.2005, Seite 2.
Die religiösen Rituale der Yeziden dürfen nicht vor den Augen Ungläubiger praktiziert werden, so dass die yezidische Religion auch bereits als Geheimorganisation bezeichnet worden ist.
amnesty international, Gutachten vom 16.8.2005, Seite 2.
Damit stimmt es überein, dass die Klägerin nach ihrer Anhörung vor dem Verwaltungsgericht ihren Glauben mit Gebeten und Fasten zu Hause praktiziert.
Für fundamentalistische oder streng gläubige Moslems werden die Yeziden als Ungläubige oder Teufelsanbeter angesehen.
amnesty international, Gutachten vom 16.8.2005, Seite 2.
Unter dem Regime von Saddam Hussein war die Lage der Yeziden ungünstig: Einerseits wurden sie wegen ihrer kurdischen Volkszugehörigkeit von der arabischen Bevölkerung diskriminiert, andererseits kam es immer wieder zu Übergriffen wegen ihrer Religionszugehörigkeit.
Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 16.1.2006.
Es kam zu Zwan...