Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Abschiebung. Psychische Erkrankung. Beschwerderücknahme. Beschwerdezurückweisung. Beendigung des gesamten Verfahrens. Kostenentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einzelfall einer psychisch kranken Antragstellerin

2. Haben mehrere Antragsteller Beschwerde eingelegt, um vorläufigen Abschiebungsschutz für sich zu erlangen, sodann einige von ihnen ihre Beschwerde zurückgenommen und ist hinsichtlich der übrigen die Beschwerde zurückgewiesen worden, so ergibt sich für die Rücknehmenden mit Blick auf Nr. 5241 des Kostenverzeichnisses zum GKG 2004 kein gebührenmäßiger Vorteil, da es nicht zu einer Beendigung des gesamten Beschwerdeverfahren gekommen ist.

 

Normenkette

AufenthG § 60a II; GG Art. 2 III 1

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Beschluss vom 06.10.2006; Aktenzeichen 10 F 33/06)

 

Tenor

Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Antragsteller zu 1., 3. bis 6. eingestellt.

Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6. Oktober 2006 – 10 F 33/06 – wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,– Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Das Beschwerdeverfahren war hinsichtlich der Antragsteller zu 1., 3. bis 6. einzustellen, nachdem diese ihre Beschwerde zurückgenommen haben (§ 92 III VwGO entspr.).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin zu 2. gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6.10.2006 – 10 F 33/06 –, soweit mit ihm ihr Antrag auf vorläufige Untersagung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zurückgewiesen wurde, ist nicht begründet.

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin zu 2. im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines vollstreckungsbezogenen Abschiebungshindernisses verneint. Bereits aus den vorgelegten fachärztlichen Attesten des behandelnden Psychiaters Dr. T vom 4.7.2006 und des seit 2004 behandelnden Psychotherapeuten J vom 6.7.2006 ergebe sich, dass eine Abschiebung mit einer wesentlichen, ggf. lebensbedrohlichen Verschlechterung ihres psychischen Gesundheitszustandes einhergehen würde. Diesen Attesten sei daher zweifelsfrei zu entnehmen, dass eine zwangsweise Abschiebung unter Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes im Hinblick auf Art. 1 und 2 GG vorläufig zu unterbleiben habe und ihr bis zur Klärung der Frage ihrer Reisefähigkeit vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren sei. Der Antragsgegner sei seiner Pflicht, den Sachverhalt umfänglich aufzuklären, bisher nicht nachgekommen. Er habe nämlich in seinem Schriftsatz vom 22.8.2006 ausgeführt, Art. 2 III 1 GG gebiete es vorliegend nicht, ihre Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Durchführung dieser Zwangsmaßnahme bis zur Klärung ihrer Reisefähigkeit zeitweise auszusetzen. Antragsgegner und Gericht hätten verkannt, dass Leben und Gesundheit hohe Rechtsgüter seien, deren Schutz im öffentlichen Interesse stehe. Für den Fall, dass der Antragsgegner Zweifel an der Eindeutigkeit der fachärztlichen Atteste habe, bleibe er – bereits im öffentlichen Interesse – zur weiteren Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Im Hauptsacheverfahren werde ein einzuholendes Sachverständigengutachten ergeben, dass sie nicht reisefähig sei und der Abbruch der Therapie zu einer Retraumatisierung führen würde.

Auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung, durch die der Rahmen der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts gemäß § 146 IV 6 VwGO festgelegt wird, hat es bei dem erstinstanzlich gefundenen Ergebnis zu bleiben. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Antragstellerin zu 2. keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen können. Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die Beschwerdebegründung durchgreifend in Frage gestellt.

Auch nach Auffassung des Senats kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Abschiebung der Antragstellerin zu 2. gemäß § 60 a II AufenthG unzulässig ist. Nach dieser Vorschrift ist die Abschiebung auszusetzen, wenn sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Entgegen der Annahme der Antragstellerin zu 2. ist nicht glaubhaft gemacht, dass ihre Abschiebung wegen ihrer Erkrankung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das ernsthafte Risiko bestünde, dass der Gesundheitszustand der Antragstellerin zu 2. unmittelbar durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert würde. Die vorgelegten Atteste rechtfertigen diese Annahme jedoch nicht.

In dem nervenfachärztlichen Attest ist ausgeführt, dass die Antragstellerin zu 2. an einem depressiv-ängstlichen Syndrom im Rahmen einer posttraumatischen Belastungsstörung leide und weiterhin von einer ganz erheblichen Einschränkung in der Lebensentfaltung und alltäglichen Lebensbewältigungen mit immer wieder auftretenden Angstzuständen bis hin zur Panik sowie depressiven Einbrüchen...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge