Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsrechtliche Anordnung. Erledigung eines verkehrsbehördlichen Ge- und Verbots durch Entfernen der Verkehrszeichen. vorbeugender vorläufiger Rechtsschutz. Widmungsfiktion. Interessenabwägung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Antragsteller wenden sich gegen eine verkehrsrechtliche Anordnung, soweit diese für die Zeit vom 15.11. bis 15.03. eine im Übrigen für den Kraftfahrzeugverkehr gesperrte Wegefläche durch Verkehrszeichen 267, 325/326 und 220 – 10 eingeschränkt für den Kraftfahrzeugverkehr freigibt.
2. Werden nach dem 15.03. die angegriffenen Verkehrszeichen wieder entfernt, erledigt sich die vorausgegangene Regelung mit der Folge, dass in der Zeit bis 15.11. vorläufiger Rechtsschutz nur als vorbeugender Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO gegen die zu erwartende erneute Aufstellung der Verkehrszeichen in Betracht kommt.
3. Der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verkehrsregelung steht nicht entgegen, dass die Wegefläche im einschlägigen Bebauungsplan als Fußweg bezeichnet ist. Die ständige Rechtsprechung des Senats in Erschließungssachen, dass Eintragungen im Bebauungsplan keine Widmungsfiktion nach § 6 Abs. 6 StrG SL begründen (vgl. grundlegend Beschluss vom 24.10.1986 – 2 R 278/86 –, SKZ 1987, 68), gilt auch in verkehrsrechtlichen Streitverfahren.
Normenkette
StrG SL § 6 Abs. 6; VwGO § 123 Abs. 1
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller jeweils zu 1/3.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500.- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 07.07.2006 – 6 F 29/06 – bleibt ohne Erfolg.
Durch die angefochtene Entscheidung wurde das Begehren der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die eingeschränkte Freigabe der Wegefläche zwischen der Robert-Schumann-Straße und der Hirzbachstraße im Ortsteil Hirzweiler der Gemeinde Illingen für den Fahrzeugverkehr zurückgewiesen. Die von den Antragstellern in der Beschwerdebegründung vom 28.07.2006 dargelegten Gründe, die allein der Senat zu prüfen hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der von den Antragstellern förmlich gestellte Aussetzungsantrag nach den §§ 80 Abs. 5, 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 analog VwGO unzulässig ist. Hieran hat sich auch im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nichts geändert.
Der Aussetzungsantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO setzt – wie der im Hauptsacheverfahren korrespondierende Rechtsschutz im Wege der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO – das Vorliegen eines belastenden Verwaltungsaktes im Sinne von § 35 VwVfG voraus. Entgegen der Meinung der Antragsteller handelt es sich bei der verkehrsrechtlichen Anordnung des Antragsgegners vom 14.11.2005 nicht um einen Verwaltungsakt. Diese verkehrsbehördliche Anordnung stellt vor dem Aufstellen der Verkehrszeichen noch keine Regelung mit Rechtswirkungen gegenüber Anliegern oder Verkehrsteilnehmern dar, sondern erfüllt insoweit lediglich eine vorbereitende Funktion
vgl. BVerwG, Urteil vom 09.09.1993 – 11 C 37/92 –; Hessischer VGH, Urteil vom 31.03.1999 – 2 UE 2346/96 –, sowie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.08.1995 – 5 S 3563/94 –, jeweils zitiert nach Juris.
Verwaltungsakte in der Form von Allgemeinverfügungen nach § 35 Satz 2 VwVfG stellen hingegen Verkehrsschilder sowie Verkehrszeichen nach den §§ 41 ff StVO dar, die das verkehrsbehördliche Ge- oder Verbot verkörpern und mit ihrer Aufstellung für Verkehrsteilnehmer und Anlieger sichtbar werden
vgl. z.B. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Auflage, § 35 Rdnr 112.
Daraus folgt fallbezogen, dass die von den Antragstellern angegriffene Freigabe der Wegefläche für den Fahrzeugverkehr in Richtung Hirzbachstraße als behördliches Ge- und Verbot Rechtswirkungen für Anlieger und Verkehrsteilnehmer – nur – entfaltet, sobald und solange die diese Verkehrsregelung verkörpernden Verkehrszeichen 267, 325/326 und 220-10 aufgestellt sind. Die betreffenden Verkehrszeichen werden jedoch erst am 15.11. eines jeden Jahres aufgestellt und am 15.03. des Folgejahres wieder entfernt. Daher hat sich die von den Antragstellern angegriffene Regelung mit der Entfernung der Verkehrszeichen am 15.03.2006 erledigt, so dass für ein Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts kein Raum mehr war und ein solcher vorläufiger Rechtsschutz auch gegenwärtig nicht in Betracht kommen kann.
Soweit die Antragsteller in der Beschwerde meinen, dass der verkehrsrechtlichen Anordnung des Antragsgegners vom 14.11.2005 eine „überschießende Regelungsqualität” und damit die Qualität eines Dauerverwaltungsaktes zukomme, weil aufgrund ein und derselben fortbestehenden verkehrsrechtlichen Anordnung in jedem Jahr am 15.11. und 15.03. die Verkehrszeichen aufgestellt bzw. entfernt würden, kann ihnen nicht gefolgt werden. Die Rechtslage kann in Bezug auf den Rechtscharakter der Maßnahme...