Entscheidungsstichwort (Thema)

Nacheheliches Aufenthaltsrecht für Thailänderin (Härteklausel)

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Ausländer oder der Ausländerin kann das Vorliegen einer „besonderen” Härte im Rahmen der Geltendmachung eines eigenständigen nachehelichen Aufenthaltsrechts (§ 31 Abs. 2 AufenhtG, früher: § 19 AuslG) unter dem Aspekt der Rückkehr in das Heimatland nur zugebilligt werden, wenn die von ihm/ihr zu gewärtigenden Schwierigkeiten der Wiedereingliederung in die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herkunftslandes deutlich über die damit naturgemäß immer verbundenen Probleme deutlich hinausgehen.

Daher ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtung etwa der Aufenthaltsdauer und der individuellen Integrationsleistungen speziell mit Blick auf geltend gemachte Rückkehrschwierigkeiten eine Härte nur annehmbar, wenn im Einzelfall über die regelmäßig mit der Aufenthaltsverlagerung in ein anderes Land verbundenen Schwierigkeiten hinaus besondere Umstände vorliegen, aus denen heraus die Ausreisepflicht den konkreten Ausländer oder die Ausländerin ungleich härter trifft als andere in vergleichbarer Situation. Alle Rückkehrer beziehungsweise Rückkehrerinnen gleichermaßen treffende geringere wirtschaftliche Lebensstandards wie auch ein damit verbundener etwaiger Verlust eines in Deutschland gelungenen sozialen Aufstiegs oder eines Arbeitsplatzes stellen bei einem ungeplanten Abbruch eines Auslandsaufenthalts typischerweise zu verzeichnende Rückkehreffekte dar und können von daher die Ausreisepflicht von vornherein nicht über das Merkmal der „besonderen Härte” in § 31 Abs. 2 AufenthG suspendieren.

Zu berücksichtigen sind in dem Zusammenhang allenfalls Eigenheiten des Rechts- oder Kulturkreises im Heimatstaat, die zu einer erheblichen rechtlichen oder gesellschaftlichen Diskriminierung wegen der Auflösung der Ehe führen. Davon kann im Falle nach der Scheidung der Ehe mit einem Deutschen nach Thailand zurückkehrender Frauen nicht ausgegangen werden.

 

Normenkette

AufenhtG § 31 Abs. 2; AuslG § 19

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Beschluss vom 09.09.2005; Aktenzeichen 12 F 26/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. September 2005 – 12 F 26/05 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,– EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Die Antragstellerin, eine thailändische Staatsangehörige, reiste 1998 für einen einjährigen Au-pair Aufenthalt bei ihrer mit einem Deutschen verheirateten Tante L in die Bundesrepublik Deutschland ein, heiratete am 9.7.1999 den deutschen Staatsangehörigen A. und erhielt auf dieser Grundlage eine befristete Aufenthaltserlaubnis (§ 23 AuslG), die letztmalig bis zum 5.7.2002 verlängert wurde.

Am 26.3.2001 meldete die Antragstellerin ihren Wohnsitz in A-Stadt an. Auf Anfrage der Antragsgegnerin bei dem nach wie vor in Baden-Württemberg wohnenden Herrn A. teilte dieser über seinen Rechtsanwalt schriftlich mit, die Antragstellerin habe nie bei ihm gewohnt. Ein Zusammenleben sei seinerseits auch nicht beabsichtigt; die Scheidung sei eingeleitet. Mit rechtkräftigem Urteil vom 19.2.2002 wurde die Ehe geschieden.

Am 23.5.2002 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung und verwies zur Begründung darauf, dass sie sich seit fast vier Jahren in Deutschland aufhalte, sich auf das Leben hier eingestellt und einen Arbeitsplatz gefunden habe. Das „Festhalten” an der ehelichen Lebensgemeinschaft sei für sie unzumutbar gewesen, da sich ihr Ehemann geweigert habe, in ehelicher Gemeinschaft mit ihr zu leben. Dieser habe von Anfang an ein Verhältnis mit ihrer Tante gehabt und ihr – der Antragstellerin – nie Unterhalt geleistet. Sie habe dann die Kinder einer Freundin der Tante betreuen müssen. Diese habe als Prostituierte gearbeitet und mehrfach versucht, sie zu der gleichen Tätigkeit zu überreden. Zur Vermeidung „erheblicher seelischer Schäden” habe sie ins Saarland flüchten müssen, wo ihre „einzige Freundin” lebe. Im Falle der Rückkehr nach Thailand fiele sie der Verachtung der Familie und ihrer Bekannten anheim.

Durch Bescheid vom 12.9.2003 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab, forderte sie zur Ausreise binnen vier Wochen auf und drohte ihr für den Fall der Nichtbefolgung die Abschiebung an. In der Begründung heißt es unter anderem, der Antragstellerin, die die nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AuslG notwendige Ehebestandszeit nach eigenen Angaben nicht erfüllt habe, stehe auch nach der in der Vorschrift enthaltenen Härteklausel kein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht zu. Notwendig sei insoweit die Feststellung einer „besonderen” Härte im Einzelfall. Eine solche ergebe sich weder aus dem geschilderten Verhalten des früheren Ehemanns noch aus den befürchteten Schwierigkeiten bei Rückkehr nach Thailand.

Gegen den ihr am 16.9.2003 zugestellten...

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