Entscheidungsstichwort (Thema)

Nacheheliches Aufenthaltsrecht eines Ausländers ohne Erreichen eines eigenständigen Aufenthaltsrechts aufgrund zu geringer Ehebestandszeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Auflösung einer ehelichen Lebensgemeinschaft eines Ausländers in Deutschland ohne Erreichen der von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht geforderten Ehebestandszeit typische Begleitumstände können keine “besondere” Härte im Sinne des § 31 Abs. 2 AufenthG begründen.

2. Dem Ausländer oder der Ausländerin kann das Vorliegen einer “besonderen” Härte im Rahmen der Geltendmachung eines eigenständigen nachehelichen Aufenthaltsrechts nach § 31 Abs. 2 AufenthG unter dem Aspekt der notwendigen Rückkehr in das Heimatland nur zugebilligt werden, wenn die von ihm/ihr zu gewärtigenden Schwierigkeiten der Wiedereingliederung in die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Herkunftslandes deutlich über die damit regelmäßig verbundenen Probleme hinausgehen.

3. Alle Rückkehrer beziehungsweise Rückkehrerinnen gleichermaßen treffende geringere wirtschaftliche Lebensstandards wie auch ein damit verbundener etwaiger Verlust eines in Deutschland gelungenen sozialen Aufstiegs oder eines Arbeitsplatzes stellen bei einem ungeplanten Abbruch eines Auslandsaufenthalts typischerweise zu verzeichnende Rückkehreffekte dar und können von daher die Ausreisepflicht von vornherein nicht über das Merkmal der “besonderen Härte” in § 31 Abs. 2 AufenthG suspendieren.

 

Normenkette

VwGO § 146 Abs. 4 S. 6, § 166; ZPO § 114; AufenthG §§ 7-8, 18, 23a Abs. 1, § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, §§ 39, 42, 84 Abs. 1 Nr. 1; AuslG § 29; BeschVerfV §§ 6-7; BeschV §§ 18, 24

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Beschluss vom 11.11.2008; Aktenzeichen 2 L 928/08)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 11. November 2008 – 2 L 928/08 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist ägyptischer Staatsangehöriger, hat im Heimatland Betriebswirtschaft studiert und im Oktober 2004 in Alexandria die in St. Ingbert/Rohrbach lebende deutsche Staatsangehörige A…, nach eigenen Angaben eine Verwandte, geheiratet. Im Dezember 2005 reiste er in die Bundesrepublik ein. Erstmals am 4.1.2006 erhielt er eine damals auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familienzusammenführung. Seit 9.1.2006 ist er bei der Firma F… GmbH in St. Ingbert als Montagearbeiter beschäftigt.

Kurz darauf sprach der Antragsteller gegenüber der Ehefrau den “Talak” (Scheidungserklärung) aus. Am 20.5.2006 erklärte er während eines Urlaubs zu Protokoll eines Notariats in Alexandria in Abwesenheit der damaligen Ehefrau die “erstmalige unwiderrufliche Scheidung vor Vollziehung der Ehe”. Der zuständige deutsche Standesbeamte hat die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Klärung der Verbindlichkeit dieser “Scheidung” vorgelegt. Eine Entscheidung darüber lässt sich den Akten nicht entnehmen.

Am 26.11.2006 beantragte der Antragsteller die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Zur Begründung gab er an, er habe in Deutschland eine Arbeit gefunden, die ihm Spaß mache und die es ihm ermögliche, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Bei einer Rückkehr nach Ägypten habe er aufgrund der Scheidung Probleme mit der Familie zu erwarten und werde keine Arbeit finden. In Deutschland wolle er sich ein Leben mit Zukunft aufbauen, seine Sprachkenntnisse vervollständigen und sein Studium nach Möglichkeit “erweitern”.

Unter Hinweis auf “besondere Umstände” aufgrund des laufenden Scheidungsverfahrens, des gesicherten Lebensunterhalts und der strafrechtlichen Unauffälligkeit des Antragstellers wurde die Aufenthaltserlaubnis von der Ausländerbehörde des Saarpfalz-Kreises am 20.12.2006 bis zum damals angenommenen Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 31.8.2007 verlängert.

Am 12.8.2007 beantragte der Antragsteller die weitere Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis. Er verwies erneut auf die Sicherstellung des Lebensunterhalts durch die Arbeit bei der Firma F…. Der Arbeitsvertrag sei bis 31.3.2008 fortgeschrieben und solle anschließend in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt werden. Inzwischen habe er bei der Universität des Saarlandes die Anerkennung seines Studienabschlusses beantragt. Diese prüfe gegenwärtig, ob er noch einige Semester in Deutschland nachholen müsse. Wenn dies der Fall sein sollte, werde er aber in jeden Fall seine Arbeitsstelle beibehalten, so dass er weiterhin keine öffentlichen Hilfen benötigen würde.

Die Agentur für Arbeit (BfA) in Saarbrücken stimmte unter dem 4.9.2007 der weiteren Beschäftigung des Antragstellers nach § 39 AufenthG i.V.m. der Härtefallregelung in § 7 BeschVerfV zu. Der Antragsteller erhielt in der Folg...

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