Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester (WS 2009/1010)
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Umfang der gerichtlichen Nachprüfung in Beschwerdeverfahren betreffend die vorläufige Zulassung zum Studium.
2. Zur Ermittlung des Rechtsschutzzieles einer Anschlussbeschwerde der Hochschule, mit der – ausdrücklich – die Korrektur bestimmter, näher bezeichneter Parameter der Kapazitätsberechnung des Verwaltungsgerichts beantragt wird.
3. Zur Zuordnung der Fachrichtung Biophysik.
4. Der Senat sieht keine Grundlage, allein das Fehlen eines normativen Stellenplanes zum Anlass für einen Kapazitätszuschlag zu nehmen.
5. Die Lehrverpflichtung befristet beschäftigter wissenschaftlicher Mitarbeiter beträgt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 LVVO SL 2008 vier Deputatstunden.
6. Lehrleistungen, die im Rahmen von Stiftungsprofessuren erbracht werden, sind in der Kapazitätsberechnung zu berücksichtigen, wenn und soweit der Drittmittelgeber eine Beteiligung an der Lehre billigt oder sogar vorsieht (hier: sogenannte Lichtenberg – Professur der Volkswagenstiftung).
7. Zur Berücksichtigung von Lehrauftragsstunden, die nicht im Rahmen eigenständiger Lehrveranstaltungen des Lehrbeauftragten, sondern in Form einer Beteiligung an Lehrveranstaltungen anderer Lehrpersonen abgeleistet werden, die diese Lehre als Dienstleistung für die Lehreinheit Vorklinische Medizin erbringen.
8. Zur Beteiligung von Lehrpersonen dritter Lehreinheiten an der Lehre im vorklinischen Studienabschnitt (Bestimmung des Curriculareigenanteils der Vorklinischen Lehreinheit).
9. Eine Schwundberechnung unter Berücksichtigung der Übergänge von zwei Kohorten ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
VwGO § 82 Abs. 1, §§ 123, 127 Abs. 2 S. 2, § 146 Abs. 4 Sätze 1, 3, 6; UG SL §§ 7-8, 15 Abs. 5 Nrn. 5-6; UG SL § 31 Abs. 4, § 37 Abs. 7, § 38 Abs. 3; LVVO 1994 § 8 Abs. 1; LVVO 2008 § 1; LVVO § 5 Abs. 1 Nr. 4; LVVO 2008 § 10 Abs. 2, § 15 S. 1 Nr. 1; KapVO SL §§ 5, 7 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2, § 8 Abs. 1 S. 2, § 9 Abs. 1, §§ 10, 14 Abs. 2 Nrn. 1-2; KapVO SL § 16; ÄAppO § 2 Abs. 2 S. 5
Tenor
Die Beschwerden der im Rubrum aufgeführten Antragstellerinnen und Antragsteller sowie die Anschlussbeschwerden der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 10. Februar (korrigiert) 2010 – 1 L 616/09.NC u.a. –, soweit er die rechtsmittelführenden Antragstellerinnen und Antragsteller betrifft, werden zurückgewiesen.
Die in zweiter Instanz entstandenen Kosten werden in den einzelnen Verfahren von dem jeweiligen Antragsteller/der jeweiligen Antragstellerin einerseits und der Antragsgegnerin andererseits je zur Hälfte getragen.
Der Streitwert wird für jedes der zweitinstanzlichen Verfahren auf jeweils 1.000,– Euro festgesetzt.
Tatbestand
A.
Die im Beschwerdeverfahren verbliebenen Antragstellerinnen und Antragsteller – im Folgenden: Antragsteller – begehren die vorläufige Zulassung zum ersten Fachsemester des Studienganges Humanmedizin an der Universität des Saarlandes nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2009/2010 im Wege einstweiligen Rechtsschutzes.
Durch “Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die in das Verfahren der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen einbezogenen Studiengänge an der Universität des Saarlandes für das Wintersemester 2009/2010” vom 18.5.2009, Amtsblatt, S. 814, – im Folgenden ZZVO 09/10 – wurde die Zulassungszahl im Studiengang Humanmedizin für das in Rede stehende Wintersemester auf 259 festgesetzt. Über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus hat die Antragsgegnerin als sogenannte Überbuchung 4 weitere Studienbewerber, mithin insgesamt 263 Studierende zum Wintersemester 2009/2010 im ersten Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin aufgenommen.
Nach Inkrafttreten der ZZVO 09/10 haben außer den im Beschwerdeverfahren verbliebenen Antragstellern zahlreiche weitere Studienbewerberinnen und Studienbewerber beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und geltend gemacht, im Studiengang Humanmedizin seien in dem betreffenden Semester über die festgesetzte Höchstzahl und die Anzahl der vergebenen Studienplätze hinaus weitere Studienplätze bei der Antragsgegnerin vorhanden.
Das Verwaltungsgericht hat die Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin überprüft und ist auf der Grundlage eines von ihm ermittelten Lehrangebotes der Lehreinheit Vorklinische Medizin von 267,5221 Deputatsstunden – DS –, eines Curriculareigenanteils – CAp – dieser Lehreinheit von 1,9182 und unter Berücksichtigung eines Schwundausgleichsfaktors von 0,9584 zu dem Ergebnis gelangt, dass im Studiengang Humanmedizin im Wintersemester 2009/2010 im ersten Fachsemester 291 Studienplätze bei der Antragsgegnerin zur Verfügung standen.
Mit Beschluss vom 10.2.2010 (Jahreszahl korrigiert) hat das Verwaltungsgericht – soweit hier wesentlich – die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, nach näherer Maßgabe des Entscheidungstenors unter den Antragstellern eine Rangfolge auszulose...