Leitsatz (amtlich)
Es ist zulässig und ermessensfehlerfrei, eine Ordnungsverfügung nach dem Infektionsschutzgesetz, mit der die Vorschriften der Trinkwasserverordnung in Bezug auf Legionellen in einer Wohnungseigentumsanlage durchgesetzt werden sollen, an die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 10 Abs. 6 WEG zu richten.
Der auf § 9 Abs. 8 Satz 2 TrinkwV gestützten Anordnung einer Gefährdungsanalyse im Sinne von § 16 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 TrinkwV durch Probenahme auf Legionellen steht nicht entgegen, dass seit mehr als zwei Jahren keine durch Legionellen verursachte Erkrankung mehr bei den Nutzern aufgetreten ist, wenn der Pflichtige seit dem ursprünglichen Legionellenfund die ihm obliegenden Untersuchungen, die auch durch Ordnungsverfügung angeordnet worden waren, nicht ausgeführt hat.
In Bezug auf die Androhung der Festsetzung von Zwangsgeld besteht weder ein Vorrang der Ersatzvornahme noch ist die Höhe des Zwangsgeldes durch die möglichen Kosten einer Ersatzvornahme begrenzt.
Normenkette
WEG § 1 Abs. 5, §§ 5, 10 Abs. 6, § 14 Nr. 4, § 21 Abs. 1; IfSG § 39 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 16 Abs. 8; TrinkwV § 9 Abs. 8, § 14 Abs. 3 S. 4, § 16 Abs. 7 S. 1 Nr. 2; VwVG NRW § 63
Verfahrensgang
VG Düsseldorf (Aktenzeichen 23 L 66/15) |
Tenor
Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die 65 Eigentumswohnungen in drei zusammenhängenden Gebäuden umfasst. Die Wohnanlage wird von einer alle Wohneinheiten erreichenden zentralen Anlage der Warmwassererwärmung versorgt. Nachdem der Nutzer einer Wohneinheit an Legionellose erkrankt war, stellte das zuständige Gesundheitsamt der Antragsgegnerin im Warmwasser der Wohneinheit eine erhebliche Kontamination mit Legionellen fest. Bemühungen des Gesundheitsamts, in der gesamten Wohneigentumsanlage eine systemische Untersuchung auf Legionellen durchzusetzen, blieben seitdem erfolglos. Mit der angegriffenen Ordnungsverfügung von Dezember 2014 gab die Antragsgegnerin der Wohnungseigentümergemeinschaft zum einen auf, Nachweise über die von ihr behauptete Einrichtung von Probenahmestellen am zentralen Warmwasserspeicher vorzulegen. Zum anderen verpflichtete sie die Antragstellerin dazu, ein nach der Trinkwasserverordnung akkreditiertes Labor mit der Probenahme und Untersuchung von Warmwasserproben auf Legionellen an 24 Entnahmestellen zu beauftragen und die Untersuchungsergebnisse vorzulegen. Zugleich drohte sie die Festsetzung von Zwangsgeld an. Das VG lehnte den Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin blieb ohne Erfolg.
Gründe
Die zulässige Beschwerde, über die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der fristgerecht dargelegten Gründe befindet, ist unbegründet.
Das VG hat den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit der Begründung abgelehnt, dass die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10.12.2014 bei summarischer Prüfung rechtmäßig sei und ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung bestehe.
Das Beschwerdevorbringen führt zu keinem hiervon abweichenden Ergebnis. Es ist hierbei ohne Auswirkung, dass es sich insgesamt um einen Antrag auf Anordnung (und nicht teilweise auf Wiederherstellung) der aufschiebenden Wirkung der Klage handelt. Die aufschiebende Wirkung ist in Bezug auf Ziff. 1 und 2 der Ordnungsverfügung durch § 39 Abs. 2 Satz 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG ausgeschlossen. Auch die auf § 9 Abs. 8 Satz 2 TrinkwV i. V. m. § 16 Abs. 7 Satz 1 TrinkwV gestützte Ziff. 2 der Ordnungsverfügung ist eine notwendige Maßnahme zur Sicherstellung der Einhaltung der Trinkwasserverordnung im Sinne von § 39 Abs. 2 IfSG, bei der durch Gesetz die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen ist, da die TrinkwV auf der Grundlage von § 38 Abs. 1 IfSG erlassen wurde und § 39 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG für dort geregelte Eingriffsbefugnisse ebenfalls gilt.
Die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10.12.2014 erweist sich auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens als rechtmäßig.
1. Dies gilt zunächst für die in Ziff. 1 angeordnete Übersendung eines aussagekräftigen Belegs über die Installation der Probenahmestellen am Speicherbehälter. Die Einwände der Antragstellerin gegen diese auf § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG i. V. m. § 14 Abs. 3 Satz 4 TrinkwV gestützte Anordnung greifen im Ergebnis nicht durch.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Ordnungsverfügung an den richtigen Adressaten gerichtet und diese Adressatenauswahl lässt keine Ermessensfehler erkennen. Bei zutreffender Auslegung des Bescheides, an die das VG auch die Bezeichnung der Antragstellerin im Rubrum seiner Entscheidung angepasst hat, ist dieser so zu verstehen, dass die Ordnungsverfügung sich an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer A-Straße 102/B-Str. 1 – 1a in C. und damit an die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne von § 10 Abs. 6 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) richtet. Eine Maß...