Entscheidungsstichwort (Thema)
Säumniszuschlag. aufschiebende Wirkung. Erlass. Erhebung von Säumniszuschlägen
Leitsatz (amtlich)
1. Ob und inwieweit einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO Rückwirkung zukommt, ist grundsätzlich von ihrem Ausspruch, gegebenenfalls auch von der Auslegung der tragenden Gründe der Entscheidung abhängig.
2. In den Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels/Rechtsbehelfs betreffend die Erhebung einer § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unterfallenden Abgabe ohne zeitliche Einschränkung angeordnet wurde, tritt die aufschiebende Wirkung in Hinblick auf die Entstehung von Säumniszuschlägen erst mit dem Zeitpunkt der Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrages bei Gericht ein.
3. Zu den Anforderungen für die ausnahmsweise Prüfung eines Erlasses im Rahmen einer Anfechtungsklage (Bestätigung von OVG Greifswald, Beschluss vom 14.08.2002 – 1 M 29/02 –).
Normenkette
AO a.F. § 240 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
VG Schwerin (Urteil vom 20.12.2001; Aktenzeichen 8 A 2972/99) |
Tenor
Soweit der Kläger begehrt, den Beklagten zu verpflichten, ihn hinsichtlich des Erlasses von Säumniszuschlägen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu bescheiden, wird die Sache an das Verwaltungsgericht Schwerin zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt einer Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Erhebung von Säumniszuschlägen.
Mit Bescheid vom 24. September 1996 hat der Beklagte gegenüber dem Kläger Erschließungsbeiträge in Höhe von 13.198,43 DM festgesetzt. Dagegen hat der Kläger Widerspruch erhoben und beantragt, die Vollziehung des Bescheides auszusetzen, was der Beklagte am 28. Oktober 1996 abgelehnt hat. Mit Widerspruchsbescheid vom 04. November 1996 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und am 15. Oktober 1997 um einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 12. Dezember 1997 hat das Verwaltungsgericht Schwerin die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und zugleich bestimmt, dass soweit der Beitrag bereits beigetrieben wurde, dieser unverzüglich zurück zu zahlen ist. Mit Urteil vom 11. Juni 1999 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Beitragsbescheid auf Grund eines Satzungsfehlers aufgehoben.
Der Beklagte hat mit Bescheid vom 07. Oktober 1999 gegen den Kläger für die Zeit vom 31. Oktober 1996 bis zum 15. Oktober 1997 (Tag des Eingangs des einstweiligen Rechtsschutzantrages bei Gericht) Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 1.572,00 DM festgesetzt. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 1999 zurückgewiesen und darin auch „festgestellt, dass Billigkeitsgründe für den Erlass nicht gegeben sind”.
Am 25. November 1999 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er vorgetragen hat: Die geforderten Säumniszuschläge seien aufgrund des Beschlusses vom 12. Dezember 1997, mit dem das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung seiner Klage angeordnet habe, rückwirkend entfallen. Ferner habe es der Beklagte unterlassen, die Säumniszuschläge aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Sein Ermessen habe sich insoweit auf Null reduziert. Der Beklagte habe über den gegen den Bescheid vom 07. Oktober 1999 eingelegten Widerspruch durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 Abgabenordnung – AO – entscheiden müssen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 07. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1999 aufzuheben,
die Kosten der Hinzuziehung des Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er geltend gemacht: Einmal verwirkte Säumniszuschläge würden durch nachträglich eintretende Ereignisse in keiner Weise berührt. Die Stadtvertretung habe am 08. September 1999 über einen Erlass der Säumniszuschläge beraten und im Ergebnis in der gerichtlichen Aufhebung des Beitragsbescheides keinen hinreichenden Billigkeitsgrund gesehen.
Mit Urteil vom 20. Dezember 2001 – dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 17. April 2002 zugestellt – hat das Verwaltungsgericht Schwerin die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei verpflichtet, die von ihm geforderten Säumniszuschläge zu leisten. Er habe die seit dem 31. Oktober 1996 fällige Beitragsforderung aus dem Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten jedenfalls bis zum 15. Oktober 1997, dem Tag der Stellung seines Antrages auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes, nicht gezahlt. Die mit Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides vom 24. September 1996 eingetretene Fälligkeit sei – jedenfalls für den hier allein interessierenden Zeitraum, für den der Beklagte Säumniszuschläge fordert – auch nicht rückwirkend entfallen. Dies gelte...