Kein Zwangsgeld bei Nichtvorlage einer Impfbescheinigung

Die Verpflichtung in bestimmten Einrichtungen tätiger Personen, eine Impfung gegen das Corona-Virus nachzuweisen, kann nicht mittels eines Zwangsgeldes durchgesetzt werden. Dies entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht.

Der 14. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat  die Beschwerde des Landkreises Diepholz gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover (Az.: 15 B 1609/22) zurückgewiesen, mit dem dieses Eilrechtsschutz gegen einen Bescheid gewährt hatte, der der Antragstellerin unter Androhung eines Zwangsgeldes aufgab, einen Nachweis über die Impfung gegen das Corona-Virus SARS-CoV-19 einzureichen.

Mitarbeiterin in Seniorenheim nicht gegen Coronavirus geimpft

Die Antragstellerin arbeitet in einem Seniorenhaus. Nachdem der Landkreis von ihrem Arbeitgeber die Mitteilung erhalten hatte, dass sie nicht gegen das Corona-Virus geimpft sei, ordnete er gegenüber der Antragstellerin unter Hinweis auf § 20a Abs. 5 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) an, einen Impfnachweis über eine Erstimpfung innerhalb einer Frist von 14 Tagen sowie einen Impfnachweis über eine Zweitimpfung innerhalb einer Frist von weiteren 42 Tagen beim Gesundheitsamt einzureichen; die Frist für die Zweitimpfung beginne ab dem Tag der verabreichten Erstimpfung zu laufen. Er ordnete zudem die sofortige Vollziehung dieser Verfügung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO an und drohte der Antragstellerin für den Fall, dass sie der Verfügung nicht nachkomme, ein Zwangsgeld an.

Verwaltungsgericht: Zwangsgeldandrohung verstößt gegen Freiwilligkeit der Impfentscheidung

Auf den hiergegen gerichteten Eilantrag stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der dort gleichzeitig von der Antragstellerin erhobenen Klage gegen die Anordnung der Vorlage der Impfnachweise wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung an. Zur Begründung führte es unter anderem aus, die Vorgehensweise des Landkreises sei im Ergebnis wegen eines Verstoßes gegen die vom Gesetzgeber geschützte Freiwilligkeit der Impfentscheidung voraussichtlich rechtswidrig und nicht durch § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG gedeckt.

OVG: Keine Rechtsgrundlage für Impfverpflichtung

Diese Entscheidung hat der 14. Senat des Niedersächsischen OVG im Ergebnis bestätigt. Mit dem angefochtenen Bescheid begehre der Landkreis der Sache nach nicht nur - wie in § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG vorgesehen - die Vorlage eines Nachweises im Sinne des § 20a Abs. 2 Satz 1 IfSG. Die Antragstellerin werde vielmehr (mittelbar) dazu verpflichtet, in der vorgegebenen Frist die Impfungen gegen das Corona-Virus vornehmen zu lassen. Für eine solche Verpflichtung einer ungeimpften Person und (erst recht) für die zwangsweise Durchsetzung dieser Verpflichtung mittels eines Zwangsgeldes biete § 20a Abs. 5 Satz 1 IfSG aller Voraussicht nach keine Grundlage.

Betroffener hat Wahlrecht zwischen Aufgabe der Tätigkeit und Impfung

Die verkürzt auch als „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ bezeichnete einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht begründe nämlich gerade keine Verpflichtung der betroffenen Personen, sich gegen das Corona-Virus impfen zu lassen, so die Richter.

Faktisch stelle die Regelung die Betroffenen vielmehr lediglich vor die Wahl, entweder ihre bisherige Tätigkeit aufzugeben oder aber in die Beeinträchtigung ihrer körperlichen Integrität durch die Impfung einzuwilligen. Dementsprechend eröffne § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG dem Gesundheitsamt die Möglichkeit, bei Nichtvorlage eines Nachweises ein sofort vollziehbares Betretens- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen. Dies entspreche dem Sinn und Zweck der einrichtungs- und unternehmensbezogenen Nachweispflicht, äußerst vulnerable Personengruppen vor einer Infektion mit dem Corona-Virus zeitnah und in besonderem Maße zu schützen (Niedersächsisches OVG, Beschluss v. 22.6.2022, Az. 14 ME 258/22).

Die Entscheidung des Senats ist nicht anfechtbar.


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