Alexander C. Blankenstein
4.4.1 Grundsätze
Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 WEG soll der Verwaltungsbeirat den Wirtschaftsplan und die Jahresabrechnung vor der Beschlussfassung über die Festsetzung der Vorschüsse nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG bzw. der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG prüfen und mit seiner Stellungnahme versehen. Da es sich bei der genannten Bestimmung lediglich um eine Sollvorschrift handelt, begründet die unterlassene Prüfung der Jahresabrechnung durch den Verwaltungsbeirat keine Anfechtung des Genehmigungsbeschlusses. Des Weiteren kann der Verwaltungsbeirat auch nicht zur Erstattung des Prüfungsberichts gezwungen werden. Im Übrigen ist es nicht Aufgabe des Verwaltungsbeirats, die Jahresabrechnung auf die richtige Zuordnung einzelner Kostenpositionen oder Einnahmen hin zu überprüfen. Auch besteht keine Pflicht, die Belegprüfung "in voller Besetzung" durchzuführen.
Die Wohnungseigentümer haben stets die Möglichkeit, die Abstimmung über die auf Grundlage des Wirtschaftsplans nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG zu leistenden Vorschüsse oder der aufgrund der erstellten Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu beschließenden Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge durch Geschäftsordnungsbeschluss in der Versammlung mehrheitlich abzulehnen, wenn eine mögliche Vorprüfung durch den Beirat nicht stattgefunden hat. Die Wohnungseigentümer können sich wegen ihrer Beschlusskompetenz aber auch über die Sollvorschrift hinwegsetzen, wenn sie die vom Verwalter vorgelegte Jahresabrechnung für zutreffend erachten und so auf eine Kontrolle durch den Beirat verzichten.
Die unterlassene Vorprüfung des Wirtschaftsplans bzw. der Jahresabrechnung sowie die Nichterstattung des Prüfungsberichts können jedoch Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft gegen den Verwaltungsbeirat und ggf. seine Abberufung begründen. Jedenfalls stellt der Verzicht auf die Kontrolle der Kontenbelege eine grob fahrlässige Pflichtverletzung dar.
Zwar sieht § 29 Abs. 3 WEG eine gesetzliche Haftungsbeschränkung insoweit vor, als die Mitglieder des Verwaltungsbeirats nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten haben, wenn sie unentgeltlich tätig sind. Geht man allerdings im Fall unterlassener Prüfung von grober Fahrlässigkeit aus, greift diese Haftungsbeschränkung gerade nicht. Der Verwalter ist seinerseits verpflichtet, dem Verwaltungsbeirat den Entwurf über den Wirtschaftsplan und den Jahresabrechnungsentwurf zur Vorprüfung zuzuleiten. Unterlässt er dies, ist eine Kontrolle nicht möglich, was ebenfalls eine Pflichtverletzung darstellt.
Sind Wirtschaftsplan und/oder Jahresabrechnung fehlerhaft, widerspricht auch die Entlastung des Verwaltungsbeirats ordnungsmäßiger Verwaltung. Tatsächlich nämlich haben die Wohnungseigentümer einen Anspruch gegen den Beirat, den Wirtschaftsplan bzw. die Jahresabrechnung nach entsprechender Korrektur nochmals zu prüfen. Ein Verzicht auf diese erneute Prüfung entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weshalb auch der Entlastungsbeschluss erfolgreich angefochten werden kann.
4.4.2 Einzelheiten
Bemängelt der Verwaltungsbeirat Teile des Wirtschaftsplans oder der Jahresabrechnung und hält der Verwalter die Einwände des Verwaltungsbeirats für berechtigt, wird er diese sogleich berücksichtigen und die Jahresabrechnung entsprechend abändern.
Hält er die Einwände nicht für berechtigt, wird er den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung entsprechend in der Wohnungseigentümerversammlung zur Diskussion stellen. Letztlich entscheiden die Wohnungseigentümer über den auf Grundlage des Wirtschaftsplans nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG und der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu fassenden Beschluss. Teilen die Wohnungseigentümer die Bedenken des Verwaltungsbeirats ebenfalls nicht, kann die entsprechende Beschlussfassung erfolgen. Teilen die Wohnungseigentümer allerdings die Bedenken des Verwaltungsbeirats und werden Änderungen des Wirtschaftsplans oder der Jahresabrechnung erforderlich, wird der Verwalter in aller Regel nicht umhinkommen, für eine weitere Beschlussfassung zu sorgen – und dafür bietet sich eine solche im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 WEG an. Hier ist zwar zunächst zu beachten, dass sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen müssen, damit ein Beschluss zustande kommt. Allerdings ermöglicht § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG, dass im konkreten Einzelfall für eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren des § 23 Abs. 3 WEG auch die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt. Paradebeispiel hierfür ist eine Beschlussfassung über die Vorschüsse bzw. Nachschüsse und Anpassungsbeträge, wenn Wirtschaftsplan oder Jahresabrechnung an materiellen Mängeln leiden (siehe hierzu vertiefend Kap. B.I.7.2.6.2).