Bezüglich des Kriteriums der "nicht erheblichen Verpflichtung" dürfte in erster Linie auf die Größe der Gemeinschaft abzustellen sein. Soweit der Gesetzgeber insoweit auf die unmittelbare Teil- bzw. Außenhaftung der Wohnungseigentümer des § 9a Abs. 4 WEG rekurriert, ist dies in der juristischen Literatur zurecht auf Kritik gestoßen. Denn der Verwalter darf die Eigentümer durch eigenmächtiges Handeln ohnehin niemals der Gefahr einer persönlichen Haftung aussetzen. Er darf von vornherein nur solche Maßnahmen treffen, die aus dem vorhandenen Gemeinschaftsvermögen bezahlt werden können.[1] Da ein Zugriff auf die Erhaltungsrücklage und andere zweckbestimmte Rücklagen stets einen Beschluss der Wohnungseigentümer zur Voraussetzung hat,[2] müssen also ausreichende liquide Mittel auf dem gemeinschaftlichen Girokonto vorhanden sein.

Möglicher Rahmen

Diskutiert werden verschiedene Ansätze zur Beantwortung der Frage, was im Einzelfall noch eine unerhebliche Verpflichtung sein soll:

  • Ansatzpunkt kann ein bestimmter Prozentsatz des Wirtschaftsplans bieten. Diskutiert werden hier Spannen von 2[3] bis 5 %[4] der Wirtschaftsplansumme. Das LG Frankfurt setzt die Messlatte bei unter 5 %:[5] Konkret wurde die Beauftragung eines Hausmeisterservice für 800 EUR jährlich beschlossen. Das Gesamtjahresvolumen des Wirtschaftsplans belief sich auf 27.600 EUR, also knapp 3 % dieses Volumens, wobei das Gericht klarstellte, dass unterhalb einer Grenze von 5 % keine Vergleichsangebote eingeholt werden müssten.
  • Ein weiterer Ansatzpunkt kann auch eine Orientierung an den preislichen Grenzen bieten, ab denen Vergleichsangebote einzuholen sind, wobei diese Grenzen ebenfalls nicht einheitlich gesteckt sind. Nach Auffassung des LG Karlsruhe[6] sind Angebote bei einer Summe von 3.000 EUR einzuholen, nach Auffassung des LG Dortmund[7] erst bei 5.000 EUR. Maßgeblich ist aber auch hier die Größe der jeweiligen Gemeinschaft, sodass dieser Ansatzpunkt wohl kaum tauglich ist. Keiner der Entscheidungen sind Angaben über die Größe der jeweiligen Gemeinschaft zu entnehmen.
  • Weiter wird eine Faustformel vertreten, wonach in Gemeinschaften mit weniger als 10 Wohnungseigentümern eine Maßnahme zu erheblichen Verpflichtungen führt, die Ausgaben in Höhe von 2.000 EUR oder mehr auslöst. Bei einer Anlage mit 50 Wohnungseigentümern oder mehr soll eine Maßnahme zu erheblichen Verpflichtungen führen, die Ausgaben in Höhe von 10.000 EUR oder mehr auslöst.[8] Gesichert ist aber auch das nicht.

Eigenständiger Abschluss

Innerhalb der aufgezeigten (und derzeit noch nicht gesicherten) Grenzen ist der Verwalter auf Grundlage von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG zum eigenständigen Abschluss in folgenden Fällen berechtigt:

  • Anwaltsvertrag

    Im Fall von Beschlussklagen zum Abschluss von Anwaltsverträgen unter Einschluss einer Streitwertvereinbarung. Die Streitwertvereinbarung hat die Grenze des § 49 Satz 1 GKG zu beachten, darf also das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung nicht übersteigen. Ein Stundenhonorar kann er jedoch ebenso wenig eigenständig vereinbaren, wie eine Haftungsbeschränkung des Anwalts;[9]

  • Bankvertrag

    Abschluss von Bankverträgen, die auf die Eröffnung von Konten gerichtet sind. Dies gilt nicht für Darlehensverträge und etwaige Dispokredite. Hier fehlt dem Verwalter ohne ausdrücklichen Beschluss bereits die Vertretungsmacht für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wie § 9b Abs. 1 WEG zum Ausdruck bringt;

  • Dienstleistungsvertrag

    Abschluss von Verträgen bezüglich der Hausreinigung und Gartenpflege;

  • Energieversorgungsverträge

    Zum Abschluss von Versorgungsverträgen über Gas, Wasser und Strom besteht abhängig vom konkreten Einzelfall eine Berechtigung. Allerdings kommt es auch hier auf die Maßgaben des konkreten Einzelfalls an;

  • Hausmeistervertrag

    Zum Abschluss von Hausmeisterverträgen ist der Verwalter wohl in aller Regel nicht berechtigt, allerdings zur Beauftragung eines Hausmeister-Service, wiederum abhängig von den Kosten;

  • Mietvertrag über Wärmemessgeräte

    Zum Abschluss von Mietverträgen über Wärmemessgeräte ist er berechtigt, wenn ein Kauf nicht wirtschaftlicher ist;[10]

  • Versicherungsvertrag

    Berechtigung zum Abschluss von Versicherungsvertragen, die § 19 Abs. 2 Nr. 3 WEG als Regelbeispiel einer Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung vorsieht;

  • Wartungsvertrag

    Der Abschluss von Wartungsverträgen etwa für Brandmeldeanlagen, Heizungsanlagen, Aufzüge oder Dachrinnen ist berechtigt, da diese in aller Regel Maßnahmen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG darstellen dürften. Aber auch hier kommt es wiederum stets auf den konkreten Einzelfall an.

  • Werkvertrag

    Zum Abschluss von Werkverträgen besteht eine Berechtigung, wenn es sich um kleinere Reparaturen im Rahmen der Erhaltung handelt.

 

Achtung!

In all diesen Fällen kann die Kumulationsgefahr mehrerer unterjähriger Maßnahmen problematisch werden. Ein Verwalter muss sich vergegenwärtigen, dass er zusätzliche Hausgelder nicht von sich aus anfordern kann, sondern es vielmehr der Beschlussfassung über eine Ergänzung des Wirtschaftsplans in Form e...

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