1 Leitsatz

Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer darf einen Rechtsanwalt am Ort des Sitzes ihres Verwalters beauftragen. Die dem Rechtsanwalt entstehenden Reisekosten zum Gerichtstermin sind in der Regel dennoch notwendig i. S. v. § 91 ZPO.

2 Normenkette

§§ 9a, 26 WEG; § 91 ZPO

3 Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K beauftragt Rechtsanwalt X. Streitig ist, ob die Reisekosten des X vom Beklagten B zu erstatten sind. Denn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren Sitz nicht am Sitz der Verwaltung. Für Prozesse vor Ort muss X also anreisen und verursacht dadurch Kosten, beispielsweise für einen Wohnungseigentümer, der Vorschuss schuldet.

4 Die Entscheidung

Das LG meint, die Reisekosten seien zu erstatten! Für die Frage, welche Reisekosten für einen Rechtsanwalt erstattungsfähig seien, sei zwar der Sitz der Partei maßgeblich, sodass im Grundsatz Reisekosten nur bis zur Höhe von fiktiven Reisekosten zum weitentferntesten Ort im Gerichtsbezirk erstattungsfähig seien, wenn ein Rechtsanwalt an einem anderen Ort beauftragt werde. Allerdings sei anerkannt, dass bei einer juristischen Person die tatsächliche Struktur zu berücksichtigen sei, sodass nach der BGH-Rechtsprechung nicht formal der Sitz des Unternehmens ausschlaggebend sei, sondern die tatsächliche Organisation des Unternehmens. Ebenso sei es für eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anerkannt, dass es nicht auf den Ort ankomme, in welchem sich die Anlage befinde, sondern auf den Sitz des Verwalters (Hinweis auf LG Rostock, Beschluss v. 14.5.2020, 1 T 100/20, und LG Aurich, Beschluss v. 28.3.2011, 4 T 53/11). In Ausnahmefällen bestehe zwar eine Verpflichtung einer Partei, im Rahmen der Maßnahmen zur zweckentsprechenden und kostenschonenden Rechtsverfolgung einen Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts zu beauftragen. Voraussetzung hierfür sei, dass es sich um eine besonders rechtskundige Partei handele, oder wenn der Streit in tatsächlicher Hinsicht überschaubar sei. Beide Voraussetzungen lägen nicht vor. Zwar sie die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von einem gewerbsmäßigen Verwalter vertreten worden. Dieser stehe aber nicht einer Rechtsabteilung eines Unternehmens gleich. Es handele sich zudem nicht um einen Streit, bei welchem von Beklagtenseite keine Einwendungen zu erwarten gewesen seien.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall wird gefragt, ob es mit Blick auf die Erstattung von Reisekosten richtig ist, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der am Sitz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer arbeitet. Das LG lehnt das ab – ebenso wie zuvor das zitierte LG Aurich. Ich sehe es bislang auch so (BeckOK WEG/Elzer, 52. Ed. 3.4.2023, WEG § 43 Rn. 28). Man kann es aber auch anders sehen. Warum soll der Anwalt vor Ort nicht reichen?

Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?

Die Verwaltungen sollten diesem Streit ausweichen und grundsätzlich Rechtsanwälte am Sitz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beauftragen.

6 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 9.5.2023, 2-13 T 20/23

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