Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt seit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 nicht mehr den Wohnungseigentümern, sondern nach § 18 Abs. 1 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Diese übt also fremde Rechte, nämlich diejenigen der Wohnungseigentümer, in eigenem Namen aus. Geregelt in § 9a Abs. 2 WEG, übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Pflichten aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr. Das Gesetz differenziert also nicht mehr zwischen den sog. "geborenen" Rechten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und der sog. "gekorenen" Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft aufgrund entsprechender Beschlussfassung der Wohnungseigentümer, wie dies noch nach § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a. F. der Fall war.

5.1 Aus dem Gemeinschaftseigentum ergebende Rechte

Gegenüber der alten Rechtslage haben sich die originären Ausübungsbefugnisse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erweitert. Für die Geltendmachung von Beseitigungsansprüchen wegen baulicher Veränderungen des Gemeinschaftseigentums, ist allein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bereits gemäß § 9a Abs. 2 WEG unmittelbar ermächtigt, da sie die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte der Wohnungseigentümer wahrnimmt, also jegliche Abwehrrechte nach § 1004 BGB.

Weiter verpflichtet § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG die Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten. Die entsprechenden Rechte aus einer Verletzung dieser Pflichten sind der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zugeordnet mit der Folge, dass nur sie entsprechende Rechte gemäß § 9a Abs. 2 WEG geltend machen kann, soweit sich der Pflichtenverstoß auf das gemeinschaftliche Eigentum bezieht. Abgrenzungskonflikte können dann entstehen, wenn der Pflichtenverstoß nicht nur Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum, sondern auch auf das Sondereigentum hat. Dies kann insbesondere den praxisrelevanten Bereich der zweckbestimmungswidrigen Nutzung des Sondereigentums betreffen. Die Zweckbestimmung hat zwar Vereinbarungscharakter, weshalb über § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG die Ausübungskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unmittelbar gegeben ist. Allerdings verbleibt dem einzelnen Wohnungseigentümer, dessen Sondereigentum unmittelbar von der zweckbestimmungswidrigen Nutzung betroffen bzw. beeinträchtigt ist, die Befugnis, gegen den zweckbestimmungswidrig nutzenden Wohnungseigentümer auch individuell vorgehen zu können. Denn insoweit sind die Wohnungseigentümer nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG gegenüber den anderen Wohnungseigentümern verpflichtet, deren Sondereigentum nicht über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus zu beeinträchtigten.

5.2 Rechte und Pflichten, die einheitliche Rechtsverfolgung erfordern

Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des BGH[1], auf die die Gesetzesbegründung des WEMoG ausdrücklich Bezug nimmt[2], liegt eine Gemeinschaftsbezogenheit dann vor, wenn schutzwürdige Belange

  • der Wohnungseigentümer oder
  • des Schuldners

an einer einheitlichen Rechtsverfolgung das grundsätzlich vorrangige Interesse des Rechtsinhabers, seine Rechte selbst und eigenverantwortlich auszuüben und prozessual durchzusetzen, deutlich überwiegen. Dabei ist eine typisierende Betrachtung geboten.

[2] BT-Drs. 19/18791, S. 44 f.

5.2.1 Schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer

Insbesondere im kommunalen Abgabenrecht finden sich in aller Regel Bestimmungen über eine gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer. Hieran ändern auch die Neuregelungen des WEMoG nichts. Spezialgesetzlich können auch weiterhin Besonderheiten geregelt werden, die eine unmittelbare Betroffenheit der einzelnen Wohnungseigentümer ergeben. Ist etwa nach einer kommunalen Satzung die gesamtschuldnerische Haftung der Wohnungseigentümer für Abgaben geregelt, kann einer der Wohnungseigentümer alleine als Schuldner in Anspruch genommen werden.

Eine von den Wohnungseigentümern als Miteigentümer des gemeinschaftlichen Grundstücks gesamtschuldnerisch zu tragende Abgabenschuld stellt allerdings eine gemeinschaftsbezogene Pflicht, die die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 2 WEG zu erfüllen hat.[1]

Wird also einer der Wohnungseigentümer von der Kommune auf Zahlung in Anspruch genommen, ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Innenverhältnis verpflichtet, den durch Leistungsbescheid in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer von der Abgabenschuld freizustellen. Erfüllt der Wohnungseigentümer die Abgabenforderung aus eigenen Mitteln, steht ihm gegen die Gemeinschaft ein Erstattungsanspruch zu.[2]

 
Wichtig

Verpflichtung auch bei Einwendungen gegen den Bescheid

Ein Erstattungsanspruch besteht grundsätzlich auch dann, wenn der Wohnungseigentümer die Forderung aus dem Leistungsbescheid begleicht, ohne dies mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zuvor abzustimmen. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids berechtigen die Gemeinschaft grundsätzlich nicht...

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