Leitsatz (amtlich)

Die Anhängigkeit eines Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren, das den Gegenstand der Einigung betrifft, führt grundsätzlich zur Ermäßigung der Einigungsgebühr auf 1,0 (RVG-VV Nr. 1003, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG). Dies gilt - abweichend von der in ständiger Rechtsprechung zu § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO vertretenen Auffassung des Senats - im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes nicht, wenn die Prozesskostenhilfe lediglich für die Protokollierung eines Vergleichs im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren beantrag wird.

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Beschluss vom 26.08.2005; Aktenzeichen 54 F 413/04 So)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des der Antragstellerin beigeordneten Rechtsanwalts" wird der Beschluss des AG - FamG - in Saarbrücken vom 26.8.2005 - 54 F 413/04 So - teilweise dahin abgeändert, dass die dem Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 954,45 EUR festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. In dem vor dem AG - FamG - in Saarbrücken anhängig gewesenen Sorgerechtsverfahren hat das FamG im Termin vom 2.2.2005 beiden Parteien Prozesskostenhilfe für die Hauptsache und für einen "Vergleichsüberhang" bewilligt und die jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten beigeordnet. Nachfolgend haben die Parteien eine Vereinbarung über den Umgang des Antragsgegners mit dem gemeinsamen Sohn geschlossen. Der Geschäftswert ist für Sorge- und Umgangsrecht auf jeweils 3.000 EUR festgesetzt worden.

Am 31.3.2005 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des FamG die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung des der Antragstellerin beigeordneten Rechtsanwalts - statt angemeldeter 894,94 EUR - auf 844,83 EUR festgesetzt.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Rechtsanwalts hat das FamG mit Beschl. v. 26.8.2005 zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen.

Mit seiner Beschwerde erstrebt der beigeordnete Rechtsanwalt die Festsetzung einer aus der Landeskasse zu zahlenden 1,2 Terminsgebühr (RVG-VV Nr. 3104, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) aus einem Gegenstandswert von 6.000 EUR sowie einer 1,5 Einigungsgebühr (RVG-VV Nr. 1000, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) aus einem Gegenstandswert von 3.000 EUR. Hilfsweise begehrt er die Zulassung der weiteren Beschwerde.

Das FamG hat der Beschwerde mit Beschl. v. 16.1.2006 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3, 4, 7, 8 RVG zulässige Beschwerde des beigeordneten Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin hat in der Sache einen Teilerfolg und führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Beschlusses. Hingegen ist das weiter gehende Rechtsmittel unbegründet.

Dass das FamG die angemeldete 1,2 Terminsgebühr (RVG-VV Nr. 3104, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) lediglich aus einem Gegenstandswert i.H.v. 3.000 EUR festgesetzt hat, ist nicht zu beanstanden und hält den Beschwerdeangriffen stand. Maßgeblich für die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung ist allein, in welchem Umfang die Beiordnung erfolgt ist; hingegen ist im Festsetzungsverfahren nicht nachzuprüfen, ob Prozesskostenhilfebewilligung und Beiordnung zu Recht erfolgt sind (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.12.2005 - 2 W 351/05-62; Beschl. v. 26.9.2005 - 9 WF 97/05; Gerold/Schmidt/v. Eicken, RVG, 16. Aufl., Vorb. § 45, Rz. 29, m.w.N.). Da sich die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Anwaltsbeiordnung ausweislich des Bewilligungsbeschlusses vom 2.2.2005 ausdrücklich nur auf die Hauptsache und "einen Vergleichsüberhang" erstrecken, begegnet es keinen Bedenken, dass das FamG die Terminsgebühr nicht aus dem zusammengerechneten Gegenstandswert von 6.000 EUR festgesetzt hat.

Verfahrensrechtlich unbedenklich (Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 571 Rz. 4) und in der Sache mit Erfolg erstrebt der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit seiner in der Beschwerdeinstanz vorgenommenen Antragserweiterung dagegen die Erhöhung der festgesetzten 1,0 Einigungsgebühr auf 1,5 (RVG-VV Nr. 1000, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG). Zwar führt die Anhängigkeit - auch - eines Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren, das den Gegenstand der Einigung betrifft, grundsätzlich zur Ermäßigung der Einigungsgebühr auf 1,0 (RVG-VV Nr. 1003, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG). Dies gilt - abweichend von der in ständiger Rechtsprechung zu § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO vertretenen Auffassung des Senats (grundlegend OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.6.1995 - 6 WF 45/95) - im Anwendungsbereich des am 1.7.2004 in Kraft getretenen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes nach dem Wortlaut der Regelung in RVG-VV Nr. 1003, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, aber dann nicht, wenn die Prozesskostenhilfe - wie hier - lediglich für die Protokollierung eines Vergleichs beantragt wird. In diesem Fall soll der Rechtsanwalt nach der Vorstellung des Gesetzgebers nämlich die Gebühr nach RVG-VV Nr. 1.000 unvermind...

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