Leitsatz (amtlich)
Hatte der anwaltlich vertretene Kläger nach Aufruf der mündlichen Verhandlung ein Ablehnungsgesuch angebracht mit der Begründung, der Richter habe rechtsirrig seine Zuständigkeit angenommen, und wird die Verhandlung daraufhin gemäß § 47 ZPO fortgesetzt, so kann er sein Ablehnungsgesuch später nicht auf im Verlauf der Verhandlung entstandene weitere (vermeintliche) Ablehnungsgründe - hier: Äußerung von Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers - stützen, wenn er in Kenntnis dieser Umstände zur Sache verhandelt und Anträge gestellt hat.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 O 201/17) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 5.4.2018 gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 19.3.2018 - 1 O 201/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 40.000,00 EUR wegen Verletzung seiner Rechte.
Der Kläger beantragte gegen die Beklagte einen Mahnbescheid, in dem als Prozessgericht für den Fall des Widerspruchs das Landgericht Saarbrücken benannt war. Nach Eingang der Anspruchsbegründung bestimmte die abgelehnte Vorsitzende Richterin am Landgericht Hauck Termin zur mündlichen Verhandlung. Auf einen Verweisungsantrag des Klägers teilte die abgelehnte Richterin mit, dass über die Frage der örtlichen Zuständigkeit im Termin gesprochen werden solle. Im Terminsprotokoll vom 9.2.2018 ist aufgenommen, dass die Sache aufgerufen wurde, die erschienenen Personen festgestellt wurden und anschließend der Klägervertreter zu Protokoll einen Befangenheitsantrag stellte, weil die abgelehnte Richterin sich weigerte, den Rechtsstreit an das Landgericht Bonn zu verweisen.
Die abgelehnte Richterin setzte die Verhandlung gemäß § 47 Abs. 2 ZPO fort, äußerte den Eindruck, dass Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers beständen, und fragte diesen, ob er bereit sei, sich einer Begutachtung zu unterziehen.
Abschließend stellten die Parteien in diesem Termin ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge.
Die abgelehnte Richterin gab eine dienstliche Stellungnahme ab. Im Schriftsatz vom 14.3.2018 erweiterte der Kläger das Ablehnungsgesuch mit der Begründung, dass die Besorgnis der Befangenheit auch deswegen bestehe, weil ihm die abgelehnte Richterin einen Realitätsverlust und eine Prozessunfähigkeit unterstellt habe. Außerdem habe sie das schriftliche Ablehnungsgesuch des Klägers erst nach Eröffnung der Sitzung entgegengenommen. Anders als die Richterin gemeint habe, sei der Ablehnungsantrag eingereicht worden, bevor sich der Kläger in eine Verhandlung eingelassen habe. Der Zeitpunkt der Verhandlungseröffnung durch die Richterin (Aufruf zur Sache) sei nicht entscheidend gewesen.
Das Landgericht Saarbrücken wies mit Beschluss vom 19.3.2018 das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die Vorsitzende Richterin am Landgericht Hauck zurück (Bl. 194 d.A.). Dagegen legte der Kläger fristgerecht sofortige Beschwerde ein und lehnte auch die Richter, die an dem Beschluss vom 19.3.2018 mitgewirkt hatten, als befangen ab. Das Landgericht legte daraufhin ohne Abhilfeentscheidung die Sache gemäß § 47 Abs. 1 ZPO dem Saarländischen Oberlandesgericht vor.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist statthaft und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, §§ 46 Abs. 2, 567, 569 ZPO.
Einer Entscheidung durch das Beschwerdegericht steht nicht entgegen, dass das Landgericht keine Abhilfeentscheidung getroffen hat. Die ordnungsgemäße Durchführung des Abhilfeverfahrens ist keine Verfahrensvoraussetzung für das Beschwerdeverfahren, den mit ihm verbundenen Devolutiveffekt oder gar für die Beschwerdeentscheidung selbst (Heßler in: Zöller, ZPO, 32.Aufl., § 572 Rn. 4 mwN zur Rechtsprechung). Ob die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 ZPO zur Vorlage ohne vorherige Abhilfeentscheidung vorlagen oder nicht, ist deshalb unerheblich.
(1.) Die Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass Rechtsauffassungen des Richters keinen Ablehnungsgrund darstellen und die vom Kläger erst nach Antragstellung im Termin vom 9.2.2018 gerügten Verhaltensweisen und Äußerungen der abgelehnten Richterin in diesem Termin gemäß § 43 ZPO keine Ablehnung mehr rechtfertigen können.
(a) Die von der abgelehnten Richterin geäußerte Rechtsauffassung, dass das Landgericht Saarbrücken für den Rechtsstreit zuständig sei und eine Verweisung nicht in Betracht komme, begründet kein Ablehnungsgesuch.
Ein Richter kann im Zivilprozess gemäß § 42 Abs. 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit nur dann abgelehnt werden, wenn ein objektiver Grund vorliegt, der die ablehnende Partei bei vernünftiger Betrachtung befürchten lassen muss, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber und werde deshalb nicht unparteiisch entscheiden. Maßgebend ist, ob vom Standpunkt des Ablehnenden aus genügende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtu...