Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 12 O 90/21)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweisbeschluss und zur Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung binnen einer Frist von drei Wochen nach Zustellung des Beschlusses.

II. Der Senat lässt sich bei seiner Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

1. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin seines Fahrzeugs auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, sein Fahrzeug sei mit unzulässigen Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung ausgestattet worden.

 

Gründe

Der Kläger erwarb am 23.6.2018 einen gebrauchten Audi A6 3.0, Erstzulassung 27.9.2016, mit einer Laufleistung von 62.800 Kilometern, zu einem Kaufpreis von 38.000 EUR. Das Fahrzeug verfügt über einen von der Beklagten hergestellten 3.0 TDI Dieselmotor der Schadstoffklasse Euro 6.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe mit Kenntnis und Billigung ihres Vorstands die Abgasrückführung des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps durch die Verwendung mehrerer unzulässiger Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerungssoftware manipuliert. Wären ihm die unzulässigen Abschalteinrichtungen bekannt gewesen, hätte er den Wagen nicht gekauft.

Der Kläger hat die Beklagte zunächst gestützt auf deliktische Ansprüche auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 28.061,37 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.1.2021, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, sowie auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 762,49 EUR in Anspruch genommen. Daneben hat er die Feststellung begehrt, dass sich die Beklagte mit der Entgegennahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, dass das Abgasverhalten des Fahrzeugs die gesetzlichen Vorgaben erfülle und das Fahrzeug der erteilten EG-Typgenehmigung entspreche.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 9.12.2021, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil es u.a. an einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten und im Übrigen an einem kausalen Schaden fehle.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 9.12.2021 - 12 O 90/21 -

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei Schadensersatz in Höhe von 5.700,00 EUR, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.1.2021 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 762,49 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.1.2021 zu zahlen;

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

2. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat zutreffend einen Schadensersatzanspruch nebst Verzugszinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers gegen die Beklagte verneint.

A. Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31, 249 Abs. 1 BGB scheitert jedenfalls an der fehlenden Kausalität zwischen einem - unterstellt vorsätzlich sittenwidrigen - Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen und dem Schaden des Klägers.

a. Zu Gunsten des Klägers kann in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht unterstellt werden, dass die in seinem Fahrzeug verbaute temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung (Thermofenster) als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist und dass die für die Beklagte handelnden Personen - was regelmäßig Voraussetzung für die Annahme von Sittenwidrigkeit ist - bei der Entwicklung und/oder Verwendung dieser Funktion in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und diesen Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, NJW 2021, 921 Rn. 19; Beschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, NJW 2021, 1814 Rn. 28; Beschluss vom 25. November 2021 - III ZR 202/20, BeckRS 2021, 41003 Rn. 14). Ebenso kann unterstellt werden, dass auch die weiteren nach der Behauptung des Klägers allein der Optimierung der Schadstoffwerte auf dem Prüfstand dienenden Vorrichtungen vorhanden und ebenfalls als unzulässige Abschalteinrichtungen anzusehen sind und dass auch insoweit ein sittenwidriges Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen gemäß den in der Rechtsprechung ...

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