Leitsatz (amtlich)

Nimmt der Antragsteller im selbstständigen Beweisverfahren seinen Antrag zurück, so sind ihm auf Antrag entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners aufzuerlegen.

 

Normenkette

ZPO § 269 Abs. 3, §§ 485, 494a

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 16 OH 8/99)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 2.564,13 Euro.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 22.4.1999 die Anordnung eines selbstständigen Beweisverfahrens beantragt. Nachdem sie mit Schriftsatz vom 9.7.1999 zunächst gebeten hatte, im Hinblick auf schwebende Verhandlungen die Entscheidung über ihren Antrag vom 22.4.1999 vorerst zurückzustellen, bis weitere Nachricht erfolge, hat sie sodann diesen Antrag nicht mehr weiter verfolgt.

Auf Antrag der Antragsgegnerin zu 2) hat das LG der Antragstellerin durch Beschluss vom 13.11.2002, auf den vollinhaltlich Bezug genommen wird (I. 62 ff. d.A.), die der Antragsgegnerin zu 2) entstandenen außergerichtlichen Kosten auferlegt.

Gegen diesen, der Antragstellerin am 25.11.2002 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 3.12.2002 eingegangenen sofortigen Beschwerde, welcher das LG durch Beschluss vom 4.12.2002 nicht abgeholfen hat.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 269 Abs. 5, 567, 569 ZPO). Sie ist jedoch nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG der Antragstellerin in entsprechender Anwendung der §§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die der Antragsgegnerin entstandenen außergerichtlichen Kosten auferlegt. Das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin ist nicht geeignet, eine ihr günstigere Entscheidung herbeizuführen.

Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Lit. stellt § 494a Abs. 2 ZPO keine abschließende Kostenregelung dar, sondern lässt außerhalb seines Anwendungsbereichs Kostengrundentscheidungen entspr. den allgemeinen Regeln zu. § 494a Abs. 2 ZPO regelt lediglich den Fall, dass nach Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens weder eine vergleichsweise Regelung über die Kosten getroffen noch Klage in der Hauptsache erhoben wird, obwohl auf Antrag des Antragsgegners dem Antragsteller nach § 494 Abs. 1 ZPO hierfür eine entsprechende Frist gesetzt worden ist.

Keine unmittelbar geltende gesetzliche Kostenregelung besteht dagegen für all diejenigen Fälle, in denen ein beantragtes selbstständiges Beweisverfahren in der Sache tatsächlich nicht oder nur unvollständig durchgeführt wird, z.B. weil der Antrag als unzulässig zurückgewiesen oder zurückgenommen bzw. nicht weiter betrieben wird. Insoweit liegt – jedenfalls seit In-Kraft-Treten des Rechtspflegevereinfachungsgesetzes am 1.4.1991, durch das die Vorschriften über das Beweissicherungsverfahren neu gefasst worden sind – eine Gesetzeslücke vor. Da sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung ergibt, dass der Gesetzgeber diese Lücke bewusst offen gelassen hat mit dem Ziel, eine Kostenerstattung in allen nicht durch § 494a Abs. 2 ZPO geregelten Fälle auszuschließen, ist davon auszugehen, dass es sich insoweit um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt, die durch entsprechende Anwendung der allgemeinen Vorschriften zu schließen ist. Daraus folgt nach inzwischen herrschender Auffassung, welche der Senat für zutreffend erachtet, dass über die Fälle des § 494a ZPO hinaus auch im selbstständigen Beweisverfahren entsprechend § 269 Abs. 3 oder § 91a ZPO eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers dann veranlasst ist, wenn dieser den Antrag zurücknimmt bzw. nicht weiter betreibt (OLG Karlsruhe v. 21.8.1991 – 15 W 58/91, MDR 1991, 993 ff.; v. 11.12.2000 – 17 W 30/00, OLGReport Karlsruhe 2001, 203 ff.; OLG Köln v. 10.9.1993 – 19 W 41/93, OLGReport Köln 1993, 359 = MDR 1994, 315; v. 23.5.2001 – 3 W 27/01, OLGReport Köln 2001, 355 ff.; OLG Nürnberg v. 13.4.1994 – 9 W 748/94, MDR 1994, 623; OLG München v. 8.4.1994 – 28 W 1010/94, MDR 1994, 624 = OLGReport München 1994, 131 sowie v. 2.3.2001 – 28 W 979/01, MDR 2001, 768 = OLGReport München 2001, 157; v. 25.4.2001 – 28 W 1086/01, MDR 2001, 1011 = OLGReport München 2001, 188; OLG Frankfurt v. 2.4.1993 – 17 W 15/92, OLGReport Frankfurt 1993, 227 = OLGZ 1993, 441; v. 6.7.1999 – 22 W 59/98, MDR 1999, 1223 = OLGReport Frankfurt 1999, 245; OLG Hamburg v. 31.7.1997 – 9 W 16/97, MDR 1998, 242 = OLGReport Hamburg 1997, 403; OLG Koblenz BaurR 1998, 1045 ff.; v. 10.1.2000 – 8 W 810/99, MDR 2000, 478 m.w.N.; OLG Stuttgart v. 17.8.1999 – 12 W 32/99, OLGReport Stuttgart 1999, 419; OLG Celle v. 6.4.2000 – 14 W 10/00, OLGReport Celle 2000, 197; OLG Hamm v. v. 28.12.1999 – 21 W 34/98, MDR 2000, 790 m.w.N.; OLG Rostock v. 7.4.2000 – 7 W 20/00, OLGReport Rostock 2001, 44; OLG Jena BauR 2002, 667 ff.; KG v. 13.9.2001 – 8 W 329/01, KGReport Berlin 2002, 14...

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