Leitsatz (amtlich)

1. Die Zahlung eines Vergleichsbetrags führt nicht zu einer die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung rechtfertigenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse gem. § 120 Abs. 4 ZPO a.F. (nunmehr § 120a ZPO), wenn der Vergleichsbetrag zweckgebunden auf einen Schmerzensgeldanspruch geleistet wurde oder Ausgaben ausgleichen sollte, die für den Antragsteller eine besondere Belastung i.S.d. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO darstellten.

2. Erfolgt die Zahlung auf Grund eines Abfindungsvergleichs, in dem das Schmerzensgeld nicht dem Grunde und der Höhe nach gesondert ausgewiesen wird, ist an Hand der Verfahrensakte, insbesondere der Klageschrift und den Erklärungen und Stellungnahmen der Beteiligten im Rahmen der Vergleichsverhandlungen, zu ermitteln, wie sich der Zahlbetrag zusammensetzt.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 26.09.2013; Aktenzeichen 4 O 96/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG Saarbrücken vom 26.9.2013 - Rechtspflegerin - (Aktenzeichen 4 O 96/12) aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Klägerin ist durch Beschluss des LG vom 18.7.2012 (Bl. 66 ff. d.A.) für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe gewährt worden mit der Maßgabe, dass auf die Prozesskosten keine Zahlungen zu leisten waren. Auf die sodann erhobene Klage (Bl. 73 ff. d.A.) und die im Anschluss an die mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme erfolgten Vergleichsverhandlungen hat das LG durch Beschluss gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Vergleich zustande gekommen ist, wonach der Beklagte an die Klägerin einen Betrag von 5.125 EUR sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 546,69 EUR zahlt und die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden (Bl. 167 f. d.A.). Nach vorangegangenem Hinweis vom 29.8.2013 (Bl. 178 d.A.) hat das LG - Rechtspflegerin - durch Beschluss vom 26.9.2013 den Beschluss vom 18.7.2012 dahin abgeändert, dass die sofortige volle Zahlung aller bereits fälligen von der klagenden Partei geschuldeten Beträge i.H.v. 1.029,67 EUR angeordnet wurde (Bl. 180 f. d.A.). Die Klägerin hat gegen den ihr am 30.9.2013 zugestellten (Bl. 182 d.A.) Beschluss vom 26.9.2013 am 2.10.2013 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 183 d.A.), welche das LG unter Nichtabhilfe durch Beschluss vom 17.2.2014 (Bl. 194 f. d.A.) vorgelegt hat.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist sie nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft sowie innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegt worden. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin haben sich infolge des Vergleichsabschlusses und daran anschließender Zahlungen nicht wesentlich geändert, weshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben ist.

1. Das Gericht kann gem. § 120 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO in der bis zum 31.12.2013 gültigen Fassung (a.F.) i.V.m. § 40 Satz 1 EGZPO die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Fließen durch den Rechtsstreit, für den Prozesskostenhilfe bewilligt wurde z.B. - wie hier - auf Grund eines Vergleiches der betreffenden Partei Mittel in einem relevanten Umfang zu, so kann dies eine Änderung rechtfertigen. (KG NJW-RR 1989, 511, 512; Musielak/Fischer, ZPO, 10. Aufl., § 120 Rz. 16). Im Rahmen einer solchen Änderungsentscheidung kann der Partei Vermögen zugerechnet werden, das sie inzwischen erworben, aber in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit wieder ausgegeben hat, womit sie ihre zeitweilig entfallene Leistungsunfähigkeit böswillig selbst wieder herbeigeführt hat (BGH NJW-RR 2007, 628 Rz. 7). Das gilt wegen der im Gesetz normierten Möglichkeit zur Abänderung der Prozesskostenhilfeentscheidung innerhalb der nächsten vier Jahre (§ 120 Abs. 4 ZPO a.F.) generell und ist nach der Rechtsprechung des BGH und des Saarländischen OLG nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des Gerichts abhängig; vielmehr muss die Partei schon vor Einleitung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO mit der Verpflichtung zum Einsatz eines neu erlangten Vermögens für die Prozesskosten rechnen (BGH NJW-RR 2008, 144, 145 Rz. 14 f.; SaarlOLG FamRZ 2010, 1753 f.). Nur wenn schon berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten vorhanden waren, als der Rechtsstreit absehbar wurde, darf ein Vermögenszufluss vorrangig zum Abtrag dieser Verbindlichkeiten verwendet werden und führt erst im Übrigen zu einem für die Prozesskosten einsetzbaren Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO (BGH NJW-RR 2008, 144, 145 Rz. 15).

2. Das LG hat im Rahmen des angefochtenen Beschlusses allerdings unberücksichtigt gelassen, dass es sich bei Zahlungen auf Grund des gerichtlichen Vergleichs vom 11.7.2013 i.H.v. 5.000 EUR um von der Klägerin im Rah...

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