Leitsatz (amtlich)
Eine enge berufliche Bekanntschaft zwischen einem medizinischen Sachverständigen und dem Chefarzt des in einen Rechtsstreit verwickelten Oberarztes begründen grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 13.08.2007; Aktenzeichen 16 O 129/06) |
Tenor
I. Die Sache wird dem Senat zur Entscheidung übertragen.
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 13.8.2007 (Az. 16 O 129/06) wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
IV. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 15.440,54 EUR festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend im Zusammenhang mit einer Ileumsegmentresektion, die der Beklagte zu 2 als Oberarzt in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie des ebenfalls beklagten Universitätsklinikums am 7.12.2004 durchführte. Nach der Operation litt der Kläger unter Schmerzen im Bauchraum und Übelkeit. Es wurden Abszesse im rechten Mittelbauch festgestellt. Der Kläger musste erneut operiert werden. Er behauptet, dem Beklagten zu 2 seien bei dem Eingriff grobe Behandlungsfehler unterlaufen. Insbesondere habe er den Darm nicht wieder "richtig zugenäht", so dass es zu einer - als solcher unstreitigen (Bl. 33 d.A.) - 0,5 cm großen Leckagestelle (Bl. 12 d.A.) gekommen sei; außerdem habe man ihn im Hinblick auf erhöhte Entzündungswerte zu früh aus der stationären Behandlung entlassen (Bl. 4 d.A.).
Mit Beweisbeschluss vom 5.1.2007 (Bl. 47 d.A.) ordnete das LG Saarbrücken die Einholung eines Gutachtens zu den vom Kläger behaupteten Behandlungsfehlern und gegebenenfalls dessen Folgen an und bestellte gemäß Beschluss vom 8.2.2007 den Sachverständigen Prof. Dr. W. B. vom Klinikum der J. Universität in F. zum Sachverständigen (Bl. 83 d.A.). Dieser erklärte mit - den Beklagten nicht übersandtem - Schreiben vom 15.2.2007 (Bl. 84 d.A.), dass er dem Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie der Beklagten zu 1, Prof. Dr. S., seit Jahren freundschaftlich verbunden, gleichwohl aber nicht befangen sei. Der Sachverständige erstellte sein Gutachten unter dem 21.3.2007 (Bl. 85 d.A.). Er kam zu dem Ergebnis, Behandlungsfehler seien im Zusammenhang mit der Operation und der Nachsorge nicht gemacht worden (Bl. 99 - 105 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 1.6.2007 hat der Kläger den Sachverständigen Prof. Dr. B. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (Bl. 120 d.A.). Zur Begründung hat er sich auf Internetrecherchen berufen, aus denen sich ergeben habe, dass der Sachverständige und Professor Dr. S. "gut miteinander bekannt" seien. Er hat darauf hingewiesen, dass beide unter der Rubrik "CME Weiterbildung zertifizierte Fortbildungen der Zeitschrift Onkologie" veröffentlichten, bei einem interdisziplinären Symposium als Referenten aufgetreten seien, gemeinsam eine Tagung am 10.10.2006 geleitet und an einer Diskussion "Aktuelle Fragen zur Chirurgie beim alten Menschen" teilgenommen hätten (Bl. 119/120 d.A.). Der Kläger hat die Ansicht vertreten, eine langjährige wissenschaftliche Zusammenarbeit mit einer Partei begründe die Besorgnis der Befangenheit (Bl. 120 d.A.). Dies gelte auch, wenn eine freundschaftliche Beziehung des Sachverständigen lediglich zum Vorgesetzten des operierenden Arztes bestehe, da letztlich ein Fehler des operierenden Arztes "auf die gesamte Abteilung" zurückfalle (Bl. 146 d.A.).
Der Sachverständige hat mit Schreiben vom 12.6.2007 (Bl. 139 d.A.) auf sein - vor Erstattung des Gutachtens - dem Gericht übersandtes Schreiben vom 15.2.2007 (Bl. 84 d.A.) zur Offenlegung der freundschaftlichen Verbundenheit mit Prof. Dr. S. hingewiesen.
Das LG hat das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Prof. Dr. B. mit Beschluss vom 13.8.2007 zurückgewiesen (Bl. 161 d.A.). Gegen den am 16.8.2007 zugestellten Beschluss (Bl. 164 d.A.) haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30.8.2007 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 165 d.A.).
Der Kläger ist der Ansicht, es bestünden Bedenken gegen die Unparteilichkeit eines Sachverständigen, der die Arbeit eines Mitarbeiters eines gut befreundeten Kollegen beurteilen solle (Bl. 166 d.A.).
Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde (Bl. 189 d.A.).
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 31.8.2007 dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 168 d.A.)
II.1. Die namens des Klägers mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere gem. § 406 Abs. 5 ZPO statthaft und innerhalb der Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt.
2. Die sofortige Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg, weil der Ablehnungsantrag sachlich unbegründet ist.
a) Gemäß § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Nach § 42 ZPO ist dies der Fall, w...