Leitsatz (amtlich)
Die vom BGH zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Kfz-Vertragshändlers entwickelten Methoden stehen, ohne dass einer von ihnen der Vorrang gebührt, selbstständig nebeneinander. Eine Berechnung des Ausgleichsanspruchs durch schlichte Multiplikation des Mehrfachkundenumsatzes im letzten Vertragsjahr über den Prognosezeitraum von fünf Jahren (BGH v. 26.2.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14 [22] = MDR 1997, 555) setzt eine Darlegung des Händlers voraus, dass der Umsatz mit Mehrfachkunden über einen längeren Zeitraum einen gleich bleibenden Anteil des Gesamtumsatzes mit Neuwagen gebildet hat. Die „Münchener Formel” kann nicht als taugliche Berechnungsgrundlage für den Ausgleichsanspruch des Kfz-Vertragshändlers anerkannt werden, weil im Blick auf das Verhältnis der Mehrfachkundenquote zum Gesamtabsatz und die Gewinnung von Einmalkunden als Stammkunden nicht tragfähige Pauschalierungen vorgenommen werden.
Normenkette
HGB § 89b; BGB §§ 273, 284, 286 a.F.; UStG § 14
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 7 IV O 11/94) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.11.2001 verkündete Urteil des LG in Saarbrücken – 7 IV O 11/94 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Mehrwertsteuerausweis (§ 14 UStG) 47.826,56 Euro (93.540,62 DM) abzüglich am 31.12.1998 gezahlter 29.015,08 Euro (56.748,57 DM) zu bezahlen nebst Zinsen
i.H.v. 11,25 % in der Zeit vom 6.6.1995 bis 30.9.1995
i.H.v. 10,75 % in der Zeit vom 1.10.1995 bis 30.12.1995
i.H.v. 11,75 % in der Zeit vom 1.1.1996 bis 30.6.1996
i.H.v. 8,75 % in der Zeit vom 1.7.1996 bis 30.7.1999
i.H.v. 6,75 % in der Zeit vom 1.8.1999 bis 30.8.2001
i.H.v. 8,62 % in der Zeit vom 1.9.2001 bis 30.12.2001
i.H.v. 7,57 % in der Zeit vom 1.1.2002 bis 30.6.2002
i.H.v. 7,47 % seit dem 1.7.2002
abzüglich am 31.12.1998 auf die Zinsen gezahlter 197,47 Euro (386,21 DM).
b) Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger
aa) aus 10.225,84 Euro (20.000 DM) Zinsen zu zahlen
i.H.v. 17.75 % in der Zeit vom 3.8.1993 bis 30.10.1993
i.H.v. 17,25 % in der Zeit vom 1.11.1993 bis 30.11.1993,
bb) aus 19.684,74 Euro (38.500 DM) Zinsen zu zahlen
i.H.v. 13,75 % in der Zeit vom 30.8.1993 bis 30.10.1993
i.H.v. 13,25 % in der Zeit vom 1.11.1993 bis 30.11.1993,
cc) aus 29.910,58 Euro (58.500 DM) Zinsen zu zahlen
i.H.v. 13,25 % in der Zeit vom 1.12.1993 bis 30.1.1994
i.H.v. 12,25 % in der Zeit vom 1.2.1994 bis 30.3.1994
i.H.v. 11,75 % in der Zeit vom 1.4.1994 bis 30.3.1995
i.H.v. 11,25 % in der Zeit vom 1.4.1995 bis 5.6.1995.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen – mit Ausnahme der vom Kläger allein zu tragenden Kosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen LG Frankfurt am Main entstanden sind – einschließlich der im Berufungsverfahren vor dem Saarländischen OLG – 1 U 195/96-34 – entstandenen Kosten der Kläger 22/42 und Beklagte 20/42.
3. Das ist Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer wird für den Kläger auf 17.210,82 Euro (127.202,06 DM – 93.540,62 DM = 33.661,44 DM) und die Beklagte auf 18.811,48 Euro (93.540,62 DM – 56.748,57 DM = 36.792,05 DM) sowie der Streitwert des Berufungsverfahrens auf 36.022,30 Euro (127.202,06 DM – 56.748,57 DM = 70.453,49 DM) festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war im Zeitraum von dem Jahre 1980 bis 31.12.1992 für die Beklagte, einen Automobilhersteller, als Vertragshändler tätig. Mit vorliegender Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung eines Ausgleichsbetrages nach § 89b HGB in Anspruch.
Zunächst hat der Kläger, der seinen Ausgleichsanspruch auf mindestens 300.000 DM veranschlagte (Bl. 10 d.A.), durch Schriftsatz vom 3.8.1993 gegen die Beklagte vor dem LG Frankfurt eine am 30.8.1993 zugestellte (Bl. 75 d.A.). Teilklage auf Zahlung von 65.000 DM erhoben, wovon 58.500 DM auf das Neuwagengeschäft und 6.500 DM auf das Ersatzteilgeschäft entfielen (Bl. 1 ff., 588 d.A.) Nach Verweisung der Sache an das LG Saarbrücken hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.5.1995 (Bl. 682 d.A.), der dem Kläger am 23.5.1995 zugestellt wurde (Bl. 686 d.A.), im Wege der Widerklage die Feststellung beantragt, dass dem Kläger über die mit der Teilklage geltend gemachte Forderung von 65.000 DM hinaus kein weiterer Ausgleichsanspruch i.H.v. 235.000 DM gegen sie zusteht. Durch Schriftsatz vom 6.6.1995 (Bl. 689 d.A.), den die Beklagte am 6.6.1995 als zugestellt angenommen hat (Bl. 687 d.A.), hat der Kläger den geltend gemachten Ausgleichsanspruch auf 217.778,65 DM erhöht. Danach verlangte der Kläger einen Ausgleich i.H.v. 119.163,62 DM für das Neuwagengeschäft, i.H.v. 38.000 DM für das Ersatzteillager sowie i.H.v. 32.209,52 DM für das Geschäft mit Nato-Kunden. Einschließlich 15 % MwSt. ergibt dies den Betrag von 217.778,65 DM (Bl. 692 d.A.).
Das LG hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Urteil vom 23.1.1996 abgewiesen (Bl. 715 ff. d.A.). Auf di...