Leitsatz (amtlich)
1. Zum Regress des Kaskoversicherers, wenn das versicherte Mietfahrzeug durch den im Mietvertrag nicht als Fahrer benannten Sohn des Mieters im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit gebraucht und beschädigt wurde.
2. Enthält der Versicherungsvertrag abschließende Regelungen zu den mitversicherten Personen und einem unter bestimmten Voraussetzungen auch zu deren Gunsten wirkenden Regressverzicht des Versicherers, so wird, wenn die vertraglichen Voraussetzungen dieses Regressverzichts nicht vorliegen, auch eine entsprechende Anwendung der gesetzlichen Regressbeschränkungen regelmäßig nicht in Betracht kommen.
Normenkette
AKB A. 1.2; AKB A. 2.8; BGB § 548 Abs. 1, § 823 Abs. 1; VVG § 86
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 21.12.2021; Aktenzeichen 14 O 19/21) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das am 21. Dezember 2021 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 19/21 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.570,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten mit ihrer am 14. Januar 2021 eingereichten und am 20. Februar 2021 zugestellten Regressklage nach einem Verkehrsunfall vom 11. Oktober 2019 um 1h55 in S. auf Schadensersatz wegen der Beschädigung eines bei ihr versicherten Mietfahrzeugs in Anspruch.
Die T. GmbH war zum Unfallzeitpunkt Eigentümer des Fahrzeugs, eines PKW Mercedes CLA 200 mit dem amtlichen Kennzeichen ..., für das bei der Klägerin eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000,- Euro (Versicherungsschein Nr. ..., Bl. 30 ff. Anlagenband) auf Grundlage der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB, Bl. 34 ff. im Anlagenband) bestand. Das Fahrzeug war vor dem Unfall von der Mutter des Beklagten für ihre Praxis für Physiotherapie angemietet worden (Mietvertrag Nr. ... vom 9. Oktober 2019, Bl. 23 GA), wobei Herr C. W. als einziger Fahrer berechtigt war, das Fahrzeug zu führen, und unter dem Vermerk "weiterer Fahrer" niemand, insbesondere nicht der Beklagte, eingetragen ist. Aufgrund dessen, dass Herr C. W. als einziger Fahrer in den Mietvertrag aufgenommen wurde und seit 1998 im Besitz der Fahrerlaubnis war, wurde ein Sonderpreis für 30 Tage in Höhe von 336,33 Euro vereinbart; demgegenüber wäre der Mietvertrag mit dem Beklagten als berechtigtem Fahrer, der nur den Führerschein auf Probe hatte, nicht abgeschlossen worden. Der Beklagte hatte vor dem Unfall mit dem Fahrzeug die O.-Straße, in Richtung O. befahren, aufgrund seiner erheblichen Alkoholisierung mit einer BAK von 1,48 Promille war er am Ausgang einer Rechtskurve nach links von der Fahrbahn abgekommen und mit vier Leitschutzplankenelementen sowie sechs dazugehörigen Verankerungen kollidiert; im Anschluss daran stellte er das beschädigte Fahrzeug auf einem nahegelegenen Waldweg ab, entfernte sich vom Unfallort, später fuhr er mit dem Fahrzeug einer Freundin an die Unfallörtlichkeit zurück, um mit einem Besen auf der Fahrbahn die Unfallspuren zu beseitigen. An dem versicherten Fahrzeug, das einen Tag später an die Vermieterin zurückgegeben wurde, entstand Totalschaden. Ausgehend von Reparaturkosten (brutto) in Höhe von 41.650,- Euro, einem Wiederbeschaffungswert (netto) in Höhe von 23.443,- Euro und einem Restwert von (netto) 15.872,27 Euro zahlte die Klägerin nach Abzug der vereinbarten Selbstbeteiligung von 1.000,- Euro an die Eigentümerin 6.570,73 Euro aus. Ihre an den Beklagten gerichtete Aufforderung, diesen Schaden zu erstatten, lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 31. Juli 2020 ab; unter Hinweis auf § 548 Abs. 1 BGB hat er gegenüber dem geltend gemachten Anspruch die Einrede der Verjährung erhoben (Bl. 6 GA). Der Beklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 20. Mai 2020 - 24 Ls 24 Js 1543/19 22/20 wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen; von einer Strafe wurde abgesehen, ihm wurde aufgegeben, eine Geldbuße in Höhe von 800,- Euro zu zahlen. Vor dem Amtsgericht St. Ingbert wurde der Beklagte nach teilweiser vorläufiger Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf weitere Anklagepunkte durch Urteil vom 20. Juli 2020 - 3 DS 08 Js 1562/19 (41/20) wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr schuldig gesprochen; von einer Strafe wurde abgesehen, ihm wurde aufgegeben, nach näherer Weisung der AWO an einem "sozialen Trainingskurs Verkehr" teilzunehmen, und ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen.
Die Klägerin, die mit ihrer Klage unter Hinweis auf § 86 VVG aus übergegangenem Recht die Erstattung des an ihre Versicherungsnehmerin ausgekehrten Betrages zzgl. Zinsen beansprucht, hat erstinstanzlich geltend gemacht, durch die Trunkenheitsfahrt und das anschließende Entfernen vom Unfallort h...