Leitsatz (amtlich)

1. Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer rechtsgrundlosen Auszahlung des Rückkaufswertes durch den Lebensversicherer an die finanzierende Bank.

2. Hat der Versicherer den nach Kündigung fälligen Rückkaufswert auf das ihm mitgeteilte Konto des Versicherungsnehmers bei der finanzierenden Bank ausgezahlt, der die vertraglichen Ansprüche zur Sicherheit abgetreten waren, nachdem der Versicherungsnehmer das Kreditinstitut in der nicht offengelegten Absicht eines Widerspruchs (§ 5a VVG a.F.) um Zustimmung zur "Vertragsauflösung" zwecks Rückzahlung des Darlehens gebeten und dieses daraufhin dem Versicherer die Zustimmung zu einer Kündigung des Versicherungsnehmers mitgeteilt hatte, so hat, wenn später antragsgemäß festgestellt wird, dass der Vertrag mangels Kündigung unverändert fortbesteht, die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung der rechtsgrundlosen Auszahlung im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer zu erfolgen.

 

Normenkette

BGB § 812 Abs. 1 S. 1; VVG § 168 Abs. 1, § 169; ZPO §§ 68, 74 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 19.12.2022; Aktenzeichen 14 O 356/21)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 19. Dezember 2022 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - 14 O 356/21 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 35.232,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der klagende Lebensversicherer macht gegenüber der beklagten Bank bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche nach Auszahlung des Rückkaufswertes aus einer von Herrn C. M. (im Folgenden: Versicherungsnehmer) bei ihm unterhaltenen, vermeintlich vorzeitig gekündigten kapitalgebundenen Rentenversicherung geltend. Der Versicherungsvertrag war von dem Versicherungsnehmer im Jahre 1995 unter der Versicherungsnummer ... abgeschlossen worden. Im Jahre 2015 hatte der Versicherungsnehmer bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein sog. "S.-Policendarlehen" mit einem Nettodarlehensbetrag in Höhe von 33.900,- Euro und einem für die gesamte Laufzeit von 72 Monaten festgeschriebenen Zinssatz von 4,41 Prozent p.a. abgeschlossen. Nach Ziff. 1 der Darlehensbedingungen handelte es sich um ein endfälliges Darlehen, bei dem die Tilgung in erster Linie aus der Ablaufleistung einer bereits bestehenden, als Sicherheit an die Bank abzutretenden Versicherung erfolgen sollte; nach Ziff. 12 der Darlehensbedingungen war der Darlehensnehmer berechtigt, das Darlehen jederzeit zurückzuzahlen. Mit "Abtretungsvereinbarung" vom 12./24. Juni 2015 (Bl. 82 f. GA) trat der Versicherungsnehmer "die gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus der Versicherung sowohl für den Todes-, als auch für den Erlebensfall" in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 37.290,00 Euro an die Beklagte ab; mitübertragen war danach u.a. "das Recht auf Kündigung des Versicherungsvertrages und auf Entgegennahme des Rückkaufswertes" (Ziff. 1); die Beklagte wurde zur "Verwertung und Kündigung" ermächtigt für den Fall, dass der Darlehensnehmer seine Zahlungen eingestellt hat oder ein gerichtliches Insolvenzverfahren über sein Vermögen beantragt worden ist (Ziff. 4). Mit Schreiben vom 12. Juni 2015 zeigte der Versicherungsnehmer dem Kläger diese Abtretung unter Beifügung der Abtretungsvereinbarung an (Bl. 84 GA); das Schreiben enthält u.a. folgenden Zusatz: "Den Versicherungsschein habe ich / haben wir der S. Bank übergeben. Ich widerrufe/wir widerrufen hiermit für die Dauer der Abtretung das bisherige Bezugsrecht insoweit, als es dieser entgegensteht. Ich kann/Wir können den Vertrag mit Ihnen nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der S. Bank kündigen."

Mit Schreiben vom 2. November 2015 (Bl. 85 GA) teilte der Versicherungsnehmer der Rechtsvorgängerin der Beklagten Folgendes mit:

"Oben genanntes Policendarlehen habe ich durch Abtretung meiner privaten Rentenversicherung beim Volkswohl Bund (Versicherungsnummer ...) besichert. Ich beabsichtige, diesen Versicherungsvertrag aufzulösen und aus dem Erlös oben genanntes Policendarlehen zurückzuzahlen. Ich bitte Sie hierfür um Ihre Zustimmung."

In einem Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 9. November 2015 an den Kläger (Anlage K5) hieß es daraufhin:

"...anbei erhalten Sie den Versicherungsschein zu oben genannter Lebensversicherung, welche zugunsten der S. Bank abgetreten ist.

Unser gemeinsamer Kunde, C. M., möchte die Versicherung zum nächstmöglichen Termin kündigen.

Die S. Bank stimmt einer Kündigung durch den Versicherungsnehmer zu.

Gemäß der Ihnen vorliegenden Abtretungserklärung ...

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