Leitsatz (amtlich)
1. Eine Bank, die einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile (hier: an einem Filmfonds) empfiehlt, muss den Kunden auch dann, wenn dieser weiß, dass das Agio an die Bank zurückfließt, darüber aufklären, dass und in welcher Höhe sie aus den im Fondsprospekt offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen eine weitere Rückvergütung erhält, sofern sich dies nicht bereits aus dem Fondsprospekt ergibt (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 9.3.2011; v. 19.7.2011 - XI ZR 191/10).
2. Eine in einer Beitrittserklärung zu einem Medienfonds enthaltene Klausel, wonach die Haftung auch des Anlageberaters (vier: der beratenden Bank) für Beratungsfehler auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist und Ansprüche gegen den Anlageberater kenntnisunabhängig spätestens innerhalb von drei Jahren ab dem Beitritt zu der Fondsgesellschaft verjähren, ist gem. § 305c Abs. 1 BGB als überraschende Klausel unwirksam (im Anschluss an BGH, Urt. v. 11.12.2003 - III ZR 118/03).
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 04.06.2010; Aktenzeichen 1 O 300/08) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 4.6.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 1 O 300/08 - abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger - Zug um Zug gegen Übertragung des Kommanditanteils an der N. E. GmbH & Co. KG i.H.v. 35.000,- EUR gemäß Beitrittserklärung vom 26.11.2003 - einen Betrag i.H.v. 36.750,- EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2006 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der unter Ziff. 1. näher bezeichneten Fondsanteile in Verzug befindet.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den zukünftigen Schaden des Klägers infolge der Zeichnung der Beteiligung an der N. E. GmbH & Co. KG i.H.v. 35.000,- EUR gemäß Beitrittserklärung vom 26.11.2003 zu ersetzen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn der Kläger leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger, der gelernter Bankkaufmann mit anschließendem Studium der Betriebswirtschaftslehre und seit 2002 als Marketingleiter bei der C. V. tätig ist, zeichnete nach vorangegangener mehrfacher Beratung durch den damals bei seiner Hausbank, der Beklagten, tätigen Zeugen G. am 26.11.2003 eine Beitrittserklärung, mit der er als Kommanditist mit einem Kommanditanteil (Hafteinlage) i.H.v. 35.000,- EUR zzgl. eines Agios von 3,5 % (1.750,- EUR) dem Filmfonds "N. E.-GmbH & Co. KG" beitrat (Anlage K 1 = GA 9). Der Kläger verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über Kapitalanlagen in Festgeld, in Aktien sowie in einen Filmfonds, bei dem 90 % des eingesetzten Kapitals durch eine Bankgarantie gesichert waren. Die vorformulierte Beitrittserklärung enthält u.a. folgende Bestimmungen:
"Der Anteilszeichner wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Beitritt ausschließlich der Inhalt des Beteiligungsprospekts für Beitritt 2003, des Gesellschaftsvertrags sowie diese Beitrittserklärung maßgeblich sind. Dies gilt auch im Verhältnis zum Prospektherausgeber, zur G. T. Verwaltungs-GmbH, zu Vertriebsbeauftragten, Steuerberatern, Anlageberatern, Vermittlern oder sonstigen Dritten, die an der Erstellung des Prospekts und der Konzeption der Gesellschaft mitgewirkt haben. Die Haftung für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben oder die Verletzung von Aufklärungspflichten ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Etwaige Ansprüche gegenüber dem Prospektherausgeber sowie den oben genannten Personen verjähren, soweit nicht anderweitig zwingend vorgeschrieben, innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis, spätestens jedoch innerhalb von drei Jahren ab Beitritt zur Gesellschaft."
Gleichfalls am 26.11.2003 erstellte der Zeuge G. in dem letzten Gesprächstermin ein "Protokoll der Kundenberatung" (GA 46 ff.), in dem er zu der Frage "Wie beschreibt der Anleger seine Anlagementalität?" entsprechend den Angaben des Klägers die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten "auf Sicherheit der Anlage bedacht" und "ertragsorientiert" ankreuzte. Der Kläger bestätigte am Ende dieses Protokolls durch gesonderte Unterschrift, ein Exemplar des aktuellen Prospekts erhalten zu haben.
Die von der Fondsgesellschaft beauftragte Eigenkapitalvermittlerin, die ausweislich des Fondsprospekts (Anlage K 8, S. 25) eine Eigenkapitalvermittlungsgebühr i.H.v. 10,5 % des platzierten Kommanditkapitals (5,5 % zzgl. des 5%igen Agios) erhielt, leitete an die Beklagte gemäß Provisionsabrechnung von Dezember 2003 (GA 92) für die Vermittlung des Klägers das von diesem auf 3,5 % heruntergehandelte Agio zzgl. weiterer 4 % des Zeichnungsbetrages, insgesamt somit 2.625,- EUR, weiter. Dass die Beklagte das Agio erhielt, war dem Kläger bekannt. Die Weiterl...