Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 05.10.2005; Aktenzeichen 7 I O 88/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des LG Saarbrücken vom 5.10.2005 - Az.: 7 O 88/02 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Saarbrücken zurückverwiesen.

II. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt dem LG vorbehalten.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen des Teilurteils des LG vom 5.10.2005 (Bl. 133 ff. d.A.) Bezug genommen. Durch dieses Teilurteil hat das LG die Beklagte zur Zahlung von 677.615 EUR nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Der Zahlungsantrag sei in Höhe des zuerkannten Betrages begründet. Die Beklagte sei verpflichtet, den Sicherheitseinbehalt an die Klägerin auszuzahlen. Mit Stellung der Gewährleistungsbürgschaft habe die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung des Sicherheitseinbehaltes erlangt. Behauptete Gewährleistungsansprüche berechtigten nicht zum Einbehalt der Barsicherheit; dies folge aus der zwischen den Parteien getroffenen Sicherungsabrede.

Mache der Auftragnehmer von seinem Recht auf Austausch der Sicherheit zu einem Zeitpunkt Gebrauch, in dem der Sicherungsfall noch nicht eingetreten sei, sei der Auftraggeber verpflichtet, die Bürgschaft entgegenzunehmen und den Sicherheitseinbehalt auszuzahlen. Liege der Sicherungsfall bei Stellung der Bürgschaft bereits vor, müsse der Auftraggeber wählen zwischen Sicherheitseinbehalt und Bürgschaft. Wähle er die Verwertung des Sicherheitseinbehalts, sei für einen Austausch kein Raum mehr. In diesem Fall dürfe er die Bürgschaft nicht entgegennehmen. Entscheide sich der Auftraggeber dagegen für die Bürgschaft, müsse er den Sicherheitseinbehalt auszahlen. Da vorliegend die Beklagte die Bürgschaft entgegengenommen und sich trotzdem geweigert habe, den Bareinbehalt auszuzahlen, bleibe es bei dem Austauschrecht der Klägerin. Die Beklagte sei daher verpflichtet, den Bareinbehalt auszuzahlen.

Gegen dieses ihr am 10.10.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 8.11.2005 Berufung eingelegt und diese mit einem am 8.12.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie trägt vor:

Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils, insbesondere diejenigen des § 301 Abs. 1 S. 2 ZPO seien nicht gegeben. Ein Teilurteil sei nur dann zulässig, wenn ein teilbarer Anspruch vorliege. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.

Der Klägerin stehe auch der zuerkannte Anspruch nicht zu, da nicht die Beklagte der Klägerin irgend etwas schulde, sondern vielmehr die Beklagte wegen der vorhandenen Mängel gegen die Klägerin einen Anspruch i.H.v. 81.671,62 EUR habe.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Teilurteil vom 5.10.2005 aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des Berufungsvorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

B. Die Berufung der Beklagten ist zulässig gem. §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO; sie hat auch insoweit Erfolg, als das Teilurteil des LG vom 5.10.2005 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen war.

Das angefochtene Teilurteil ist unzulässig.

Ausgehend von dem Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil ist der Erlass eines Teilurteils nur zulässig, wenn die Entscheidung über den Teil unabhängig davon ist, wie das Schlussurteil über den Rest des noch anhängigen Streitgegenstandes entscheidet (st. Rspr., vgl. BGHZ 107, 242, 244; NJW 1997, 1710; NJW 1999, 1035; NJW 2000, 3716; NJW 2001, 79); es darf nicht die Gefahr bestehen, dass es im Teil- und Schlussurteil zu widersprüchlichen Entscheidungen kommt (vgl. BGHZ 107, 242; 120, 380; 139, 117; NJW 2000, 958; NJW 2001, 79, 760; NJW 2002, 302). Hierbei ist Widersprüchlichkeit nicht als Rechtskraftkonflikt zu verstehen; Widersprüchlichkeit ist vielmehr im weiteren Sinne zu sehen. So darf die Entscheidung des Rechtsstreits nicht eine Vorfrage für den erledigten Teil umfassen (vgl. BGH NJW 1997, 454; NJW-RR 2003, 303; FamRZ 2002, 1097). In die Beurteilung der Widerspruchsfreiheit ist die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug einzubeziehen (vgl. BGH NJW 1991, 2699; NJW 1996, 1478; NJW 1999, 1035, 1719; FamRZ 2002, 1097, vgl. auch insgesamt Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 301 Rz. 7).

Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze ist das Teilurteil vom 5.10. 2005 unzulässig. Der Sicherheitseinbehalt, den das LG der Klägerin zuerkannt hat, ist Teil der insgesamt verlangten (Rest-) Werklohnforderung. Voraussetzung für die Fälligkeit einer Werklohnforderung ist sowohl beim BGB- Werkvertrag als auch beim - hier vorliegenden - VOB-Vertrag (vgl. Anlage K 4) die Abnahme der Leistung (vgl. Heierm...

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