Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen der verkehrsrechtlichen Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG trägt der klagende Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast für den äußeren Tatbestand der Rechtsgutverletzung. Dieser mit dem Beweismaß des § 286 ZPO zu erbringende Beweis ist nicht geführt, wenn Zweifel daran bestehen, ob sich der Unfall in der vom Kläger nach Ort und Zeit beschriebenen Weise tatsächlich zugetragen hat.

2. Die Anforderungen an den Nachweis des äußeren Schadensereignisses dürfen nicht überspannt werden. Gleichwohl können Beweisanzeichen für ein manipuliertes Unfallgeschehen - selbst wenn der Richter von einer betrügerischen Absprache der Beteiligten nicht sicher überzeugt ist - im Einzelfall der richterlichen Überzeugungsbildung hinsichtlich des Lebenssachverhalts der Haftungsklage entgegenstehen.

 

Normenkette

StVG § 7; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 20.09.2010; Aktenzeichen 6 O 422/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 20.9.2010 - 6 O 422/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens unter Einschluss der Kosten der Nebenintervention.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger die Beklagten aus einem behaupteten Verkehrsunfall in Anspruch, der sich nach dem bestrittenen Sachvortrag des Klägers am 15.3.2009 gegen 21:40 Uhr auf der Landstraße von St. Ingbert in Richtung Flughafen ereignet haben soll.

Der Beklagte zu 1) war zum behaupteten Unfallzeitpunkt Halter und Fahrer, die Beklagte zu 2) Haftpflichtversicherer des Fahrzeugs der Marke Citroen Berlingo, welches unter dem Kurzzeitkennzeichen SB-... zugelassen war.

Der Kläger hat vorgetragen, sein Fahrzeug sei vom Zeugen S. D. F. gesteuert worden. Der Beklagte zu 1) sei auf die Fahrbahn des vom Zeugen S. D. F. geführten Fahrzeugs geraten und habe mit seinem Pkw das klägerische Fahrzeug an der linken Seite gestreift. Unmittelbar nach der Kollision sei das klägerische Fahrzeug nach rechts gelenkt worden beziehungsweise nach rechts geprallt und mit der rechten Fahrzeugseite schräg gegen die rechts befindliche Leitplanke angestoßen. Der Kläger hat behauptet, durch den Unfall sei der im Gutachten S. vom 19.3.2009 kalkulierte Schaden entstanden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Schadenspositionen wird auf die Aufstellung auf S. 4 der Klageschrift Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen,

1. an den Kläger 13.233,10 EUR nebst Zinsen aus diesem Betrag seit dem 11.5.2009 i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als Gesamtschuldner zu zahlen;

2. den Kläger von einer Gebührenforderung der Rechtsanwälte S. und Kollegen, R. Str ...,... St. Ingbert i.H.v. 899,40 EUR als Gesamtschuldner freizustellen.

Die Beklagte zu 2) ist auf Seiten des Beklagten zu 1) als Nebenintervenientin beigetreten.

Sie hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 2) hat vorgetragen, entgegen dem klägerischen Vortrag habe sich am 15.3.2009 kein Verkehrsunfall im Sinne eines plötzlichen und von keiner Seite gewollten Schadensereignisses auf der Landstraße von St. Ingbert in Richtung Flughafen Ensheim zwischen den hier beteiligten Fahrzeugen ereignet. Tatsächlich habe es sich um ein fingiertes Unfallgeschehen gehandelt. Die Schäden am klägerischen Fahrzeug belegten die Unrichtigkeit des Vortrags. Die Überprüfung der Schäden habe ergeben, dass die Schäden am klägerischen Fahrzeug weder plausibel technisch nachvollziehbar mit dem behaupteten dynamischen Geschehen seien, noch kompatibel mit den Ausmaßen des Beklagtenfahrzeugs.

Hilfsweise hat die Beklagte zu 2) die Schadensersatzansprüche des Klägers auch der Höhe nach bestritten.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu, da er den ihm obliegenden Beweis dafür, dass ihm durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs, dessen Haftpflichtversicherer er in Anspruch nehme, ein Schaden entstanden sei, nicht erbracht habe. Es könne letztlich dahinstehen, ob es tatsächlich zu einer Kollision der Fahrzeuge gekommen sei. Selbst wenn man dies zugunsten des Klägers annehme, stehe ihm der geltend gemachte Ersatzanspruch nicht zu, weil nicht feststehe, dass die an seinem Fahrzeug vorhandenen Schäden durch diese Kollision entstanden seien. Der Kläger habe einen entsprechenden Nachweis nicht geführt. Der Senat nimmt gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter. Die Berufung wendet sich gegen die Tatsachenfeststellung des LG und rügt die Unvollständigkeit des der Entscheidung zugrunde liegenden Gutachtens:

Das Gutachten enthalte keine Ausführungen darüber, inwieweit die Kontaktflächen des Beklagtenfahrzeugs aufgrund einer von diesem vorgenommenen Ausweichbewegung fahrdynamisch angehoben worden seien. Es sei nicht nachvollz...

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