Leitsatz (amtlich)

a) Eine durch Verhandlungen zwischen Hauptschuldner und Gläubiger oder ein zwischen ihnen geschlossenes Stillhalteabkommen eintretende Hemmung der Verjährung der Hauptschuld ist ebenso wie der Neubeginn der Verjährung der Hauptschuld infolge ihrer Anerkennung durch den Hauptschuldner dem Bürgen gegenüber wegen Verstoßes gegen das in § 768 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommende Verbot der Fremddisposition unwirksam.

b) Rechtsverfolgungsmaßnahmen des Gläubigers gegen den Bürgen genügen zur Hemmung der Verjährung der Hauptschuld erst ab Wegfall des Hauptschuldners; die bloße Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Hauptschuldners mangels Masse reicht insoweit nicht aus.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 12.01.2007; Aktenzeichen 1 O 330/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12.1.2007 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 1 O 330/05 - im Umfang der Anfechtung abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn der Beklagte leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 56.242,11 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die klagende [Bankbezeichnung] nimmt den Beklagten als Bürgen in Anspruch.

Der Beklagte war Gesellschafter der I. B. GmbH (nachfolgend: Hauptschuldnerin). Gesellschaftergeschäftsführer der Hauptschuldnerin waren D. G. und M. S.. Die Klägerin stand zu der Hauptschuldnerin als Hausbank in Geschäftsbeziehungen.

Am 27.5.1997 schloss die Klägerin mit der Hauptschuldnerin einen das Girokonto Nr. ..4 betreffenden Kontokorrentkreditvertrag bis zum Höchstbetrag von 250.000 DM (GA 12 f.), der folgende Sicherheiten vorsah: selbstschuldnerische unbegrenzte Bürgschaften der Geschäftsführer G. und S., des Weiteren Gesellschafters O. sowie des Herrn R. G., Grundschulden über jeweils 50.000 DM auf dem Grundeigentum O. in N. sowie der Eheleute J. und A. S. in B., Verpfändung des Festgeldkontos G. Nr. ..6 über 50.000 DM sowie verschiedener Fondsanteile G. bei der [Bankbezeichnung 2] bzw. der [Bankbeichnung 3] S. A.. Darüber hinaus verbürgte sich der Beklagte ggü. der Klägerin mit Bürgschaftserklärung vom selben Tag (GA 17) bis zum Betrag von 110.000 DM selbstschuldnerisch zur Sicherung aller Forderungen der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin aus dem genannten Kontokorrentkredit.

Nachdem das Kontokorrentkonto in der Folgezeit über den eingeräumten Kreditrahmen hinaus erheblich überzogen war (vgl. Kontoauszüge GA 128 ff.), kündigte die Klägerin den Kontokorrentkredit mit Schreiben vom 19.2.2001 (GA 14) fristlos und stellte ihn zur Rückzahlung fällig. Am selben Tag nahm sie auch den Beklagten unter Fristsetzung zum 5.3.2001 auf Zahlung in Anspruch. Der Rechnungsabschluss zum 19.2.2001 weist einen Sollstand des Kontokorrentkontos von 672.983,88 DM aus (vgl. Kontoauszug GA 163). Anschließend wurde das Konto unter der Nummer ..54 fortgeführt. Am 27.6.2005 wies es laut Forderungsberechnung der Klägerin (GA 19) einen Sollstand von 366.021,79 EUR aus.

Am 6.4.2001 kündigte die Klägerin mangels Rückzahlung auch die weiteren mit der Hauptschuldnerin abgeschlossenen Kreditverträge. Insgesamt begehrte sie von der Hauptschuldnerin die Zahlung von 2.454.549,55 DM.

Am 26.6.2002 schloss die Klägerin mit der Hauptschuldnerin, deren Geschäftsführern S. und G., dem weiteren Gesellschafter O. sowie Herrn R. G. eine "Rahmenvereinbarung" (GA 45 ff.). Nach deren Präambel belaufen sich die Gesamtverbindlichkeiten der Hauptschuldnerin ggü. der Klägerin auf rund 2,5 Millionen DM, wovon im Einzelnen genannte Beträge - darunter die mit 109.000 DM bezifferte Bürgschaft des Beklagten und eine mit 110.000 DM bezifferte Bürgschaft des Herrn U. G2 sowie 350.000 DM für ein Grundstück in S. - als von der Klägerin realisierbar "im Rahmen dieser Vereinbarung einvernehmlich in Abzug zu bringen" sind, so dass sich zunächst "rein rechnerisch" eine Restverbindlichkeit der Hauptschuldnerin i.H.v. 1.523.000 DM ergibt. Ferner wird in der Präambel als Ziel der Vereinbarung genannt, wenigstens einen Teil dieser Restverbindlichkeit der Hauptschuldnerin ggü. der Klägerin zurückzuführen und gleichzeitig ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Hauptschuldnerin zu vermeiden. Unter Ziff. 1 der Vereinbarung verpflichteten sich die - unbegrenzt als Bürgen für die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin ggü. der Klägerin haftenden - Herren S., G., O. und G., an die Klägerin jeweils einen Betrag i.H.v. 220.000 DM zu zahlen, wofür ihnen gem. Ziff. 2 der Vereinbarung von der Klägerin jeweils zinslose Darlehen in Höhe des genannten, der Hauptschuldnerin dann gutzuschreibenden Betrags gewährt werden sollten. Unter Ziff. 4 der Vereinbarung ist geregelt, dass die Nich...

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