Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Ehescheidung vor Ablauf des Trennungsjahres

 

Normenkette

BGB § 1565

 

Verfahrensgang

AG Völklingen (Aktenzeichen 8 F 653/00)

 

Tenor

Die Berufung des Antragsteller gegen das am 10.4.2001 verkündete Urteil des AG – FamG – in Völklingen – 8 F 653/00 – wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Antragsteller 5/6 und die Antragsgegnerin 1/6.

 

Gründe

Die Parteien streiten darüber, ob ihre am 16.9.1998 vor dem Standesbeamten in Püttlingen geschlossene – kinderlos gebliebene – Ehe geschieden werden soll.

Der am 5.1.1918 geborene Antragsteller und die am 23.5.1937 geborene Antragsgegnerin sind beide Rentner. Der Antragsteller verfügt über eine monatliche Rente von insgesamt 3.386,83 DM sowie Mieteinnahmen von 850 DM. Die Antragsgegnerin, gelernte Krankenpflegerin, bezieht eine eigene Rente von 841,18 DM. Zu Beginn der Ehe stellte der Antragsteller der Antragsgegnerin einen Betrag von 15.000 DM zur Begleichung von Schulden zur Verfügung. Der Antragsteller ist in gewissem – im Einzelnen streitigen – Umfang pflegebedürftig und bezieht Pflegegeld der Pflegestufe 1.

Nach vorangegangenen häufigen Streitigkeiten verließ der Antragsteller spätestens Mitte Oktober 2000 endgültig die gemeinsame eheliche Wohnung in dem im jeweils hälftigen Miteigentum der Antragsgegnerin und ihres Sohnes A. stehenden Haus in P. und zog wieder in seine vormalige Wohnung in V.

Mit seiner am 7.12.2000 eingegangenen, der Antragsgegnerin am 24.1.2001 zugestellten Antragsschrift hat der Antragsteller auf Scheidung der Ehe angetragen. Er hat geltend gemacht, die – beiderseits nur aus Versorgungsgründen geschlossene – Ehe sei gescheitert und ein Abwarten des Trennungsjahres nicht zumutbar.

Das FamG hat durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, den Scheidungsantrag mit der Begründung abgewiesen, dass die Voraussetzungen für eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres nicht vorlägen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Scheidungsbegehren weiter.

Die Antragsgegnerin bittet um Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil. Ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Prozesskostenvorschuss hat sie in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Die Ehe der Parteien kann nur geschieden werden, wenn sie gescheitert ist (§ 1565 Abs. 1 S. 1 BGB) und – da das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist – die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde (§ 1565 Abs. 2 BGB). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Zwar spricht hier einiges dafür, von einem Scheitern der Ehe i.S.v. § 1565 Abs. 1 BGB auszugehen. Eine Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen (§ 1565 Abs. 1 S. 2 BGB). Vorliegend kann nicht erwartet werden, dass die Parteien ihre nicht mehr bestehende Lebensgemeinschaft wieder herstellen werden. Denn für die Negativprognose reicht es bereits aus, dass die endgültige Abwendung von der Ehe – wie hier – nur auf Seiten eines Ehegatten feststellbar vorhanden ist (BGH, FamRZ 1979, 422 und 1003; Urt. v. 23.8.2001 – 6 UF 9/01). In Anbetracht der fast einjährigen Trennungszeit, der ersichtlich tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten der Parteien, die in den vorliegend erhobenen massiven persönlichen Vorwürfen des Antragstellers ggü. der Antragsgegnerin Ausdruck finden, und der wiederholt deutlich gewordenen und bei seiner Anhörung erneut bekräftigten ernsthaften Weigerung des Antragstellers, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen, kann derzeit selbst dann keine positive Prognose für die Ehe der Parteien gestellt werden, wenn man auf Seiten der Antragsgegnerin davon ausgeht, dass diese ernsthaft gewillt ist, die ehelichen Beziehungen zum Antragsteller wieder aufzunehmen, wie sie bei ihrer Anhörung vor dem Senat erklärt hat.

Jedoch fehlt es jedenfalls am Vorliegen einer unzumutbaren Härte i.S.v. § 1565 Abs. 2 BGB.

Die Unzumutbarkeit in § 1565 Abs. 2 BGB bezieht sich weder auf das Zuwarten mit dem Scheidungsantrag bis zum Ablauf der einjährigen Getrenntlebensfrist, noch die Fortführung oder Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft selbst, sondern darauf, dass das bloße Fortbestehen des juristischen Ehebandes – also das „Weiter-miteinander-verheiratet-sein” unzumutbar sein muss (BGH v. 5.11.1980 – IVb ZR 538/80, FamRZ 1981, 127 [129]; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl., Teil II, Rz. 54 m.w.N.). Denn das Gesetz mutet den Ehegatten auch in Fällen, in denen die Ehe bereits mit Sicherheit gescheitert ist, aber die Partner noch in häuslicher Gemeinschaft oder noch kein Jahr getrennt leben, grundsätzlich zu, die Jahresfrist abzuwarten. Dabei reicht für die Annahme der in § 1565 Abs. 2 BGB gemeinten, aus der subjektiven ...

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