Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbindung mehrerer Verfahren zur Vermeidung widersprüchlicher Teilurteile im Baurecht
Leitsatz (amtlich)
1. Ergehen mehrere Teilurteile, so kann der Verfahrensfehler einer Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen ausgeräumt werden, indem das Berufungsgericht die Verfahren verbindet und eine einheitliche Entscheidung trifft.
2. Steht das Vorbringen des Streithelfers zur Angemessenheit der Werklohnforderung und Mangelfreiheit des Wertes im Widerspruch des von ihm unterstützten beklagten Auftraggebers, so sind die Erklärungen des Streithelfers nicht zu berücksichtigen. Der Streithelfer ist zum Widerruf eines Geständnisses nur befugt, wenn die Voraussetzungen für den Widerruf in der Person der Hauptpartei erfüllt sind.
3. Neues Vorbringen in der Berufungsinstanz beruht auf grober Nachlässigkeit, wenn eine Partei die erstinstanzlich nicht bestrittene Forderung erstmals im Berufungsrechtszug angreift.
Normenkette
ZPO §§ 67, 74, 137, 288, 301, 528 Nr. 2 a.F.; BGB § 631
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 12 O 84/00) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten und der Streithelferin der Beklagten gegen das am 20.12.2000 verkündete Grund- und Teilurteil – 12 O 84/00 – sowie die Berufung der Beklagten gegen das am 22.3.2001 verkündete Schlussurteil – 12 O 84/00 – des LG in Saarbrücken werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten mit Ausnahme der außergerichtlichen Auslagen der Streithelferin, die von dieser selbst zu tragen sind, zur Last.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 250.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründeten Beschwer der Beklagten wird auf 224.507,50 EUR festgesetzt.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Blick auf den Sachverhalt verweist der Senat gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Urteile. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Die Klägerin, die in der Rechtsform einer GmbH ein Bauunternehmen betreibt, nimmt die Beklagte auf Begleichung einer Werklohnforderung in Anspruch. Die Klägerin erhielt von der Beklagten den Auftrag, Bauleistungen an der Abwasseranlage Völklingen-Wehrden durchzuführen. Diese Leistungen betrafen u.a. einen Düker, nämlich eine unter dem Bett der Saar von Ufer zu Ufer verlegte Rohrleitung. Dieser ordnungsgemäß errichtete Düker wurde von der Streithelferin der Beklagten, die an der Baustelle Bohrpfahl-Arbeiten vomahm, angebohrt und beschädigt.
Die zur Schadensbehebung erforderlichen Arbeiten führte die Klägerin im Auftrag der Beklagten aus und erteilte der Beklagten entsprechend dem jeweiligen Baufortschritt Rechnungen (Bl. 236–238 d.A.). Die letzte von der Klägerin an die Beklagte gerichtete Rechnung vom über 355.902,43 DM blieb unbeglichen und bildet – neben Zinsansprüchen – den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits (Bl. 23 d.A.). Die Beklagte hat erstinstanzlich eingeräumt, dass die Leistungen der Klägerin vereinbarungsgemäß abgerechnet (Bl. 143 d.A.), ordnungsgemäß erbracht (Bl. 36 f.; 143 d.A.) und von der Beklagten abgenommen wurden (Bl. 37 d.A.).
Gleichwohl ist die Beklagte der Klage entgegengetreten. Die nunmehrige Streithelferin der Beklagten ist dem Verfahren erstinstanzlich nicht beigetreten, sondern hat sich einen Beitritt lediglich vorbehaltenb (Bl. 152, 131 R d.A.).
Durch Grund- und Teilurteil vom 20.12.2000 (Bl. 148 d.A.) hat das LG die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 355.902,43 DM zu zahlen. Gegen dieses Grund- und Teilurteil haben die Beklagte und die Streithelferin Berufung eingelegt, mit der sie die Abweisung der Klage erstreben. Die Streithelferin wendet sich insbesondere gegen die Höhe der Sanierungskosten. Sie bestreitet, dass der zusätzlich verlangte Aufwand schadensbedingt ist. Insbesondere seien durch Zeitverzögerungen Kostensteigerungen ausgelöst worden.
Durch Schlussurteil vom 22.3.2001 (Bl. 181 ff. d.A.) ist die Beklagte außerdem verurteilt worden, an die Klägerin als Verzugsschaden zusätzliche 83.196,07 DM nebst 9,75 % Zinsen aus 355.902,43 DM ab dem 1.2.2001 zu zahlen.
Gegen dieses Schlussurteil hat die Beklagte ebenfalls Berufung mit dem Ziel der Klageabweisung eingelegt. Die Klägerin tritt den Berufungen entgegen und verteidigt die angefochtenen Entscheidungen des LG.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegten sowie ordnungsgemäß begründeten Berufungen der Beklagten und ihrer Streithelferin sind zulässig, bleiben aber in der Sache ohne Erfolg.
I. Es kann dahinstehen, ob hier Teilurteile (§ 301 ZPO) ergehen durften, weil im Blick auf die auch für den Verzugsschaden vorgreifliche Klageforderung die Gefahr widerstreitender Erkenntnisse bestand.
Die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht jedoch nicht mehr, weil der Senat beide Verfahren verbunden hat und zu einer einheitlich...