Leitsatz (amtlich)
Für die Bemessung der Betreuervergütung eines nachträglich bestellten Gegenbetreuers ist die erstmalige Begründung des Betreuerverhältnisses durch Bestellung des Betreuers maßgeblich (Ergänzung zum Beschl. des OLG Schleswig v. 25.1.2006 - 2 W 240/05, OLGReport Schleswig 2006, 201).
Normenkette
BGB §§ 1792, 1799, 1908i; VBVG § 5 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Entscheidung des LG wird geändert.
Dem Beteiligten zu 2. wird unter Wiederherstellung des Beschlusses des AG vom 8.11.2005 für den Abrechnungszeitraum vom 1.7.2005 bis 30.9.2005 eine Betreuervergütung i.H.v. 264 EUR bewilligt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2) begehrt die Festsetzung einer Betreuervergütung nach seiner Bestellung zum Gegenbetreuer zum Stundenansatz gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 VBVG..
Der Betroffene leidet an Multipler Sklerose. Das AG bestellte durch Beschluss vom 27.6.2001 die Beteiligte zu 1) - Schwester des Betroffenen - zu seiner ehrenamtlichen Betreuerin mit den Aufgabenkreisen: Vermögens- sorge, Gesundheitssorge, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung ggü. Behörden usw. sowie Entgegennahme und Öffnen der Post mit Ausnahme der Privatpost. Es zeigte sich alsbald, dass die Beteiligte zu 1) nicht willens oder in der Lage war, ordnungsgemäß Rechnung zu legen. Nachdem es bereits im vorangegangenen Rechnungslegungszeitraum zu nicht lösbaren Schwierig-keiten gekommen war, beanstandete das AG für die Zeit vom 1.7.2003 bis 30.6.2004 erneut, dass die Rechnungslegung nicht überprüfbar sei. Insbesondere lägen keine Nachweise für Barabhebungen, außergewöhnliche Ausgaben und Kontoauszüge vor. Eine Verschuldung des Betroffenen sei nicht verhindert oder wenigstens gemindert worden. Ferner verfüge er nunmehr über Vermögenswerte, die bislang gar nicht bekannt gewesen seien. Durch Beschluss vom 29.3.2005 bestellte das AG den Beteiligten zu 2) für den Aufgabenkreis "Vermögenssorge" zum berufsmäßigen Gegenbetreuer, damit sicher gestellt werde, dass die Interessen des Betroffenen in finanzieller Hinsicht gewahrt würden.
Der Beteiligte zu 2) hat unter dem 4.10.2005 die Festsetzung einer Vergütung gegen die Landeskasse für den Zeitraum vom 1.7. bis 30.9.2005 i.H.v. insgesamt 462 EUR beantragt. Dabei legt er einen Stundensatz von 44 EUR und einen monatlichen pauschalen Stundenansatz von 3,5 (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 VBVG) zugrunde. Das Amtgericht hat ihm nur 264 EUR bewilligt. Es hat die Auffassung vertreten, dass bei der Berechnung des Stundenansatzes auf die erstmalige Betreuerbestellung abzustellen sei, so dass dieser nur zwei Stunden pro Monat betrage (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 VBVG). Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat das LG die Entscheidung des LG geändert und die Vergütung antragsgemäß auf 462 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die zugelassene sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3).
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach §§ 27 Abs. 1, 29, 20, 22 Abs. 1, 56g Abs. 5 S. 2, 69e FGG zulässig. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) ist der Beteiligte zu 3. als Behörde - Vertreter des Landes Schleswig-Holstein - berechtigt, das Rechtsmittel ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts einzulegen (§ 29 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 FGG). Sie ist auch begründet, denn die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 Abs. 2 FGG; 546 ZPO).
Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt: In der Entscheidung vom 11.11.2005 (LG Kiel v. 11.11.2005 - 3 T 483/05) habe die Kammer die Auffassung vertreten, dass jedenfalls in den Fällen, in denen ein ehrenamtlicher Betreuer wegen fehlender Eignung nachträglich durch einen Berufsbetreuer abgelöst werde, die Bestellung des Berufsbetreuers als erstmalige Bestellung anzusehen sei, weil in derartigen Fällen in der Regel ein Sachverhalt vorliege, welcher der Ersteinrichtung der Betreuung entspreche. Dies gelte insb. im Hinblick darauf, dass der Berufsbetreuer u.a. die Vergangenheit aufzuarbeiten habe. Nicht anders liege es hier. Der Gegenbetreuer sei bestellt worden, weil die Rechnungslegung der Betreuerin ab August 2003 zahlreiche Lücken aufweise. Es müssten Kontoauszüge vermutlich anhand von Mikrofilmen neu erstellt und zahlreiche Zahlungsvorgänge rekonstruiert werden. Daran habe der Gegenbetreuer mitzuwirken und die Angaben der Betreuerin zu kontrollieren. Insofern liege eine der Erstbestellung vergleichbare Situation vor.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Für die Bemessung der Betreuervergütung ist nach Auffassung des Senats die erstmalige Begründung des Betreuungsverhältnisses auch in den Fällen maßgebend, in denen der zunächst tätige ehrenamtliche Betreuer wegen mangelnder Eignung nach § 1908b Abs. 1 S. 1 BGB entlassen und stattdessen ein Berufsbetreuer (vgl. bereits OLG Schleswig v. 25.1.2006 - 2 W 240/05, OLGReport Schleswig 2006, 201; LG Kiel -3 T 553/05) oder - wie vorliegend - nachträglich ein Gegenbetreuer nach §§ 1908i, 1792, 1799 BGB bestellt worden ist. Im ...