Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine außerordentliche Beschwerde gegen zweitinstanzliche Entscheidung des LG
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 (BGBl. I, 1887 [1902 ff.]) kommt die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde gegen eine zweitinstanzliche Entscheidung des LG zum OLG nicht mehr in Betracht. In einem solchen Fall soll die angefochtene Entscheidung im Wege der Gegenvorstellung und Selbstkorrektur durch das Gericht geändert werden, das die Verletzung begangen hat.
2. Die isolierte Kündigung der Betreuungsvereinbarung bei Fortsetzung des Mietverhältnisses im Rahmen des Modells "Betreutes Wohnen" ist jedenfalls in denjenigen Fällen unzulässig, in denen die Wohnanlage mit öffentlichen Mitteln gefördert worden ist. Andernfalls erhielte nämlich der Mieter die Nutzung einer preiswerten Wohnung, ohne das entsprechende Entgelt für die Betreuungsleistungen entrichten zu müssen (BGH v. 16.9.2003 - VIII ZR 187/03, NJW-RR 2004, 160).
Verfahrensgang
LG Lübeck (Beschluss vom 19.08.2003; Aktenzeichen 14 T 19/03) |
AG Ahrensburg (Beschluss vom 17.03.2003; Aktenzeichen 45 bc 24/02) |
Tenor
Die außerordentliche weitere Beschwerde des Beklagten vom 17.9.2003 gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des AG Ahrensburg vom 17.3.2003 und die Beschwerdeentscheidung des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des LG Lübeck vom 19.8.2003 i.V.m. der Nichtabhilfeentscheidung vom 24.6.2004 wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte trägt die gerichtlichen Kosten der außerordentlichen Beschwerde; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Vorlage der außerordentlichen Beschwerde des Beklagten an das hiesige OLG ist nicht zulässig.
Gegenstand seines als außerordentliche Beschwerde bezeichneten Rechtsmittels sind die angefochtenen Entscheidungen des AG Ahrensburg sowie des LG Lübeck, durch die der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für seine Rechtsverteidigung vom 27.6.2002 zurückgewiesen worden ist. Der Beklagte behauptet hinsichtlich der angefochtenen Entscheidungen eine "greifbare Gesetzeswidrigkeit", weil sowohl das AG Ahrensburg als auch das LG Lübeck der Rechtsmeinung des LG Kiel (LG Kiel, Urt. v. 10.1.2002 - 8 F 148/01; Bl. 98-102 GA) gefolgt seien, dem jedoch die Entscheidung des LG Lüneburg aus Juni 2001 (Bl. 25-28 GA) entgegen stehe.
Nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 (BGBl. I, 1887 [1902 ff.]) kommt die Zulassung einer außerordentlichen Beschwerde gegen eine zweitinstanzliche Entscheidung des LG zum OLG nicht mehr in Betracht. Es fehlt insoweit an einer planwidrigen Regelungslücke im Beschwerderecht. Die Problematik der Verletzung von Verfahrensverstößen, die auch greifbare Gesetzeswidrigkeiten umfassen, ist vom Gesetzgeber bei der Neuregelung der ZPO bedacht worden. So hat er mit § 321a ZPO n.F. erstmals die Möglichkeit geschaffen, ein unanfechtbares und damit grundsätzlich bindendes Urteil, das auf der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör beruht, auf eine entsprechende Rüge im Wege der Selbstüberprüfung in derselben Instanz zu korrigieren. Für das Verfahren der Rechtsbeschwerde hat der Gesetzgeber unter Hinweis auf die regelmäßig geringere Bedeutung des Beschwerdeverfahrens für die Parteien und zur Entlastung des BGH (BGH, Beschl. v. 7.3.2002 - IX ZB 11/02, BGHReport 2002, 431 = MDR 2002, 901 = NJW 2002, 1577) von einer vergleichbaren Regelung zur Korrektur auch bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten abgesehen. In einem solchen Fall soll die angefochtene Entscheidung auf eine (fristgebundene) Gegenvorstellung durch das Gericht, das die Verletzung begangen hat, im Wege der Selbstkorrektur korrigiert werden. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat im Wege der Analogie an (OLG Hamm v. 15.7.2002 - 23 W 175/02, MDR 2003, 296 = OLGReport Hamm 2002, 410). Das auf greifbare Gesetzeswidrigkeiten der angefochtenen Entscheidung des LG gestützte Rechtsmittel des Beklagten eröffnet damit nicht den Weg der außerordentlichen Beschwerde zum OLG. Vielmehr unterliegt seine Beschwerde als (fristgebundene) Gegenvorstellung der Überprüfung durch das LG.
Im Übrigen hat die außerordentliche Beschwerde aber auch in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das LG auf die zwischenzeitlich erfolgte grundlegende Entscheidung des BGH (BGH, Beschl. v. 16.9.2003 - VIII ZR 187/03, NJW-RR 2004, 160) hingewiesen, dass die isolierte Kündigung der Betreuungsvereinbarung in einem Modell "Betreutes Wohnen" jedenfalls in denjenigen Fällen nicht zulässig ist, in denen die Wohnanlage - wie hier - mit öffentlichen Mitteln gefördert worden ist. Andernfalls erhielte nämlich der Mieter die Nutzung einer preiswerten Wohnung, ohne das entsprechende Entgelt für die Betreuungsleistungen entrichten zu müssen. Es liegt auf der Hand, dass die in dem Mietvertrag zugleich vorgesehene Betreuung des Mieters in der Wohnanlage, deren Errichtung zu diesen Zwecken mit öffentlichen Mitt...