Entscheidungsstichwort (Thema)
Ein als Streugut aufgebrachtes Splitt-Salz-Gemisch ist bei Fußwegen sehr gebräuchlich und entsprechende Streurückstände sind wegen der Präventivwirkung auch Ende März keinesfalls sofort zu beseitigen.
Leitsatz (amtlich)
1. Vom Streupflichtigen kann nicht verlangt werden, dass er das von ihm pflichtgemäß ausgebrachte Streugut (hier Splitt-Salz-Gemisch) gleich nach jeder Verwendung wieder von der Straße beseitigt.
2. Ein als Streugut aufgebrachtes Splitt-Salz-Gemisch ist gerade bei Fußwegen sehr gebräuchlich und dient auch dazu, präventiv die von künftigen Schneefällen und Eisbildungen ausgehenden Gefahren zu mindern. An der Westküste Schleswig-Holsteins kann es auch Ende März noch zu Frösten kommen kann und die Streurückstände nicht schon deshalb zu beseitigen waren, weil hiermit zu jener Jahreszeit nicht mehr gerechnet werden musste.
3. Die Auswahl eines geeigneten Streumittels steht grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Verkehrssicherungspflichtigen.
Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34; StrWG SH § 10 Abs. 3, § 45 Abs. 1
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. Januar 2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg wird zurückgewiesen
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Flensburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieser Entscheidung vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Amts- und Verkehrssicherungspflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei am 24. März 2015 bei einem Abbiegevorgang mit ihrem Fahrrad gestützt. Sie sei dabei auf dem für Fahrräder zugelassenen Gehweg an der Straße "xxx" in M. gefahren und habe beabsichtigt, über einen zwischen Grünstreifen liegenden Überquerungsabschnitt links in die Straße "An de Knick" abzubiegen. An diesem Tag hätten normale Witterung ohne Frost und einwandfreie Fahrbahnbedingungen geherrscht. An der Unfallstelle seien Streurückstände nicht beseitigt worden. Zum Unfallzeitpunkt habe die Beklagte bereits nicht mehr gestreut, sondern den übrigen Weg schon vom vorhandenen Streugut geräumt. Das verwendete Streugut sei ungeeignet gewesen. Vielmehr hätte ein Feuchtsalz an Stelle eines Sand-/Splittgemischs verwendet werden müssen. Aufgrund der Streurückstände sei sie nach rechts weggerutscht und auf die linke Seite gestürzt. Bei dem Sturz habe sie sich mit dem linken Arm abgestützt, wodurch eine distale Radiusfraktur der linken Hand eingetreten sei. Diese sei zunächst im Krankenhaus in H. schmerzhaft eingerenkt und sodann einige Tage später operativ behandelt worden. In der Folgezeit habe sie eine Stabilisierungsschiene tragen müssen, woran sich eine physiotherapeutische Behandlung anschloss. Durch den Unfall habe sie einen Folgeschaden in Form der Erkrankung durch Morbus Sudeck erlitten, sodass eine erhebliche Krafteinschränkung in der linken Hand sowie eine Störung der Feinmotorik verblieben sei. Sie sei nicht mehr in der Lage, mit der Hand zu greifen. Aufgrund dieser durch den Unfall entstandenen Beeinträchtigungen sei es ihr nur eingeschränkt möglich alltägliche Arbeiten und den gemeinsamen Haushalt zu erfüllen.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin neben materiellem und immateriellem Schadensersatz, vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren und Feststellung der Eintrittspflicht für materielle und immaterielle Zukunftsschäden einen Haushaltsführungsschaden bis März 2018 geltend gemacht. Wegen der Einzelheiten der Berechnung des Haushaltsführungsschadens wird auf die Aufstellung auf Seite 4 und 5 der Klageschrift (Blatt 4 und 5 der Akten) Bezug genommen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe durch die Verwendung ungeeigneten Streuguts und unterlassene Räumung in zweifacher Hinsicht die Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Sie hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 15.000,00 EUR nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.05.2015 zu bezahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 24.051,32 EUR nebst 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2018 sowie weiteren 5 % Zinsen aus 20.034,44 EUR ab dem 01.04.2017 bis zum Tage der Klagezustellung zu bezahlen.
3. Die Beklagte zu verurteilen, an sie Attestkosten in Höhe von 80,44 EUR nebst 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2017 zu bezahlen.
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen und i...