Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensdifferenzgebühr bei Vergleich im Scheidungsverfahren über nicht anhängige Folgesachen
Leitsatz (amtlich)
Der Umfang der Beiordnung eines Rechtsanwalts für den "Abschluss eines Vergleiches" gem. § 48 Abs. 3 RVG in Ehescheidungsverfahren, in denen ein Vergleich über nicht anhängige Folgesachen geschlossen wird, erstreckt sich auf die 0,8 Verfahrensdifferenzgebühr, weil sich die Beiordnung nach dieser Norm auf den Abschluss eines Vergleichs im Sinne der Nr. 1000 RVG-VV über Folgesachen erstreckt, eine Einigungsgebühr nicht ohne eine Verfahrensgebühr anfallen kann und die Gleichbehandlung unbemittelter Beteiligter mit bemittelten eine Vergütung gebietet.
Normenkette
RVG § 48 Abs. 3, § 55; RVG-VV Nrn. 1000, 3100-3101
Verfahrensgang
AG Plön (Beschluss vom 11.10.2011; Aktenzeichen 5 F 805/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Plön vom 11.10.2011 wie folgt abgeändert:
Auf die Erinnerung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des AG - Familiengericht - Plön vom 25.7.2011 dahingehend abgeändert, dass die der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 987,34 EUR, d.h. auf weitere 6,18 EUR, festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 27.12.2010 bewilligte das Familiengericht Plön der Antragstellerin für das Ehescheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung und ordnete Rechtsanwältin A. bei. Im Termin zur Verhandlung vor dem AG Plön am 30.6.2011 schlossen die Beteiligten eine Scheidungsfolgenvereinbarung über Hausratteilung, Zugewinnausgleich und nachehelichen Ehegattenunterhalt. Das Familiengericht bewilligte beiden Beteiligten "für den Vergleichsschluss Verfahrenskostenhilfe zu den bisherigen Bedingungen". Den Wert für den Vergleich setzte es auf 2.000 EUR und den Wert für die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich auf insgesamt 9.240 EUR fest. Hausrat, Zugewinn und nacheheliche Ehegattenunterhalt waren nicht als Folgesache im Scheidungsverbundverfahren anhängig gemacht worden.
Am 13.7.2011 hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin beantragt, ihre Vergütung aus der Staatskasse auf 987,34 EUR festzusetzen. Unter anderem macht sie eine Verfahrensdifferenzgebühr gem. Nr. 3101, 3100 RVG-VV aus dem überschießenden Vergleichswert i.H.v. 5,20 EUR netto zzgl. Mehrwertsteuer geltend (0,8 Verfahrensgebühr nach einem Streitwert von 2.000 EUR, die gem. § 15 Abs. 3 RVG auf 5,20 EUR begrenzt ist). In der Vergütungsfestsetzung vom 25.7.2011 hat das Familiengericht die Festsetzung der Verfahrensdifferenzgebühr abgelehnt und die aus der Landeskasse zu zahlenden Kosten auf 981,16 EUR festgesetzt. Hiergegen hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin Erinnerung eingelegt und zugleich auch die Festsetzung einer Terminsgebühr gem. Nr. 3104 RVG-VV aus dem um den überschießenden Vergleichswert erhöhten Streitwert beantragt (1,2 Terminsgebühr nach einem Streitwert von 11.240 EUR, statt bisher nach einem Streitwert von 9.240 EUR).
Mit Beschluss vom 11.10.2011 hat das Familiengericht die Erinnerung gegen den Beschluss vom 25.7.2011 zurückgewiesen. In den Gründen hat es die Festsetzung der Terminsgebühr aus dem erhöhten Streitwert sowie die Festsetzung der Verfahrensdifferenzgebühr abgelehnt. Auf die ausführliche Begründung in dem angefochtenen Beschluss wird verwiesen. Der Beschluss ist der Antragstellervertreterin am 20.10.2011 zugestellt worden. Hiergegen hat sie am 3.11.2011 Beschwerde eingelegt.
II. Die Beschwerde der Antragstellervertreterin gegen den Beschluss des AG Plön ist gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 2 RVG zulässig, weil das AG die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat.
Die Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Es ist eine weitere Vergütung i.H.v. 6,18 EUR festzusetzen.
Eine Terminsgebühr ist lediglich nach dem Verfahrenswert des Ehescheidungsverfahrens angefallen und nicht gem. Nr. 3104 RVG-VV aus dem um den überschießenden Vergleichswert erhöhten Streitwert. Aus diesem Grund stellt sich nicht die Frage, ob insoweit ein weiter gehender Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse gem. § 55 Abs. 1 RVG besteht. Gemäß Nr. 3104 RVG-VV fällt eine Terminsgebühr bereits an, wenn ein Verhandlungstermin stattfindet und die Rechtsanwälte vertretungs- und verhandlungsbereit anwesend sind (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 9.7.2009 - 2 WF 33/09, FamRZ 2009, 2114). Nach Nr. 3104 Abs. 3 RVG-VV entsteht die Gebühr allerdings dann nicht, wenn lediglich die Protokollierung nicht rechtshängiger Ansprüche beantragt ist. Ausweislich des Protokolls der Verhandlung vor dem AG vom 30.6.2001 sind die Grundlagen des Vergleichs in dem Termin nicht erörtert worden.
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