Leitsatz (amtlich)

Anspruch des Ehemannes auf Korrektur des Todeszeitpunkts seiner Ehefrau beim Standesamt

 

Normenkette

PStG § 54 Abs. 1-2

 

Tenor

Auf den Hilfsantrag aus der Beschwerde des Antragstellers vom 29. April 2021 wird der Beschluss des Amtsgerichts Itzehoe vom 17. März 2021 aufgehoben.

Es wird angeordnet, dass das Standesamt X. den Sterbeeintrag betreffend A., Registernummer S XXX/2020, dahin berichtigt, dass als Zeitpunkt des Todes eingetragen wird: "30.09.2020, zwischen 00:30 Uhr und 11:00 Uhr".

Hinsichtlich des Hauptantrags wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt, im Sterbeeintrag seiner früheren Ehefrau den Todeszeitpunkt zu berichtigen.

1. Der Antragsteller war mit A. verheiratet. Diese hielt sich Ende September 2020 in einem Hotel in X. (Amt X.) auf, um sich mit ihrer Schwester und deren Ehemann zu treffen, die im Nachbarort ihren Urlaub verbrachten. Mit ihnen traf sich Frau A. am Abend des 29. September 2020 und begab sich danach in das von ihr allein genutzte Hotelzimmer. Der Kontakt zur Schwester und zum Schwager endete gegen 21.30 Uhr.

Frau A. verfügte über ein Smartphone der Marke Samsung und ein sog. Google-Konto. In diesem Google-Konto hatte sie die Option "Web- & App-Aktivitäten" aktiviert, mit deren Hilfe getätigte Suchanfragen über die Internetsuchmaschine "Google" und Aktivitäten in anderen Google- und Samsung-Diensten gespeichert werden. Für die Nacht vom 29. auf den 30. September 2020 dokumentierte das Google-Konto auf diese Weise mehrere Aktivitäten. Hierzu zählte insbesondere für den Zeitpunkt 30. September 2020, 0.30 Uhr, eine Google-Suche zum Stichwort "herzinfarkt bei frauen", die Verwendung des Samsung-Internet-Browsers und ein Aufruf der Internetseite "https://www.ikk-classic.de/gesund-machen/wissen/herzinfarkt-bei-frauen". Im Einzelnen wird auf den mit der Beschwerdebegründung als Anlage IV des Antragstellers eingereichten Ausdruck "Web- & App-Aktivitäten", dort die Einträge für den Zeitraum vom 29. September 2020, 23.10 Uhr, bis zum 30. September 2020, 10.50 Uhr, Bezug genommen (Blatt 61 f. der Gerichtsakten).

Nachdem Frau A. am Vormittag des 30. September 2020 nicht zum mit ihrer Schwester und deren Ehemann vereinbarten Treffpunkt erschienen war, ließen diese gegen 11.00 Uhr ihr abgeschlossenes Hotelzimmer mit einem Rezeptionsschlüssel öffnen. Sie fanden Frau A. tot im Bett in der für sie typischen Schlafhaltung vor. Ihr Smartphone befand sich auf dem Nachttisch daneben.

Eine hinzugezogene Ärztin stellte gegen 12.45 Uhr eine Todesbescheinigung aus, in der sie den "Zeitpunkt der Leichenauffindung" angab (30. September 2020, 11.00 Uhr) und im Formularfeld "Epikrise" unter anderem den letzten Kontakt zur Schwester und deren Ehemann am Vorabend, ca. 21.30 Uhr, erwähnte.

Am 1. Oktober 2020 erhielt der Antragsteller das Smartphone seiner verstorbenen Ehefrau ausgehändigt. Als er es entsperrte, öffnete sich in einem Fenster nach Art eines Screenshots (Bildschirmfotos) eine Aufzeichnung, die die Eingabe des Suchbegriffs "Herzinfarkt bei Frauen" in die Internetsuchmaschine Google zum Zeitpunkt 30. September 2020, 0.30 Uhr, dokumentierte. Zudem zeigte das Telefon an, dass zur gleichen Uhrzeit die Webseite "...ikk-classic...Herzinfarkt bei Frauen..." aufgerufen worden war.

2. Auf Grundlage der Todesbescheinigung beurkundete das Standesamt X. am 5. Oktober 2020 den Tod von Frau A. zur Registernummer S XXX/2020. Im Datenfeld "Tag, Uhrzeit des Todes" trug es die Angabe "zwischen dem 29.09.2020, gegen 21:30 Uhr, und dem 30.09.2020, 11:00 Uhr" ein.

3. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2020 wandte sich der Antragsteller an das Standesamt X. mit dem auf § 47 Abs. 2 Nr. 2 PStG und eine beigefügte, von ihm unterzeichnete persönliche Erklärung gestützten Antrag, die Sterbeurkunde dahin zu berichtigen, dass der Tag des Todes der 30. September 2020 ist. Das Standesamt teilte ihm per E-Mail vom 9. Dezember 2020 mit, dass eine standesamtliche Berichtigung nicht möglich sei, weil der Antragsteller nicht, wie erforderlich, einen nachträglichen urkundlichen Nachweis dafür erbracht habe, dass der Zeitpunkt des Todes nicht korrekt beurkundet worden sei.

4. Daraufhin hat der Antragsteller mit an das Amtsgericht Itzehoe gerichtetem Schriftsatz vom 7. Januar 2020 beantragt, anzuordnen, dass das Standesamt X. das Sterberegister betreffend die am XXX geborene A. - S XXX/2020 - dahin berichtigt, dass der Tag ihres Todes der 30. September 2020 ist.

Er hat eine eigene rechtliche Betroffenheit damit begründet, dass die zu berichtigende Eintragung seinen Personenstand betreffe. Er habe im Verkehr mit verschiedenen Behörden teils wiederkehrend Angaben zu machen, seit wann er verwitwet sei, so bei den jährlichen Steuererklärungen oder im eingeleiteten Erbscheinsverfahren. Unabhängig davon müsse dem hinterbliebenen Ehegatten eines Verstorbenen als einem der nächsten Angehörigen aus rechtsethischen Gründen ein allgemeines Recht in ...

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