Entscheidungsstichwort (Thema)
Eine (asymmetrische) Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist gem. § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB auf 12 Monate allein für den Vermieter in einem Gewerbemietverhältnis ist nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB unwirksam.
Leitsatz (amtlich)
1. Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel eines Gewerbemietvertrags, in der die Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Schäden von sechs Monaten (§ 548 Abs. 1 BGB) auf 12 Monate verlängert und somit verdoppelt wird, ist unwirksam, da sie den Mieter unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB).
2. Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist. Dies ist danach zu beurteilen, ob die gesetzliche Regelung auf Interessen beider Parteien berücksichtigenden Gerechtigkeitserwägungen beruht oder reinen Zweckmäßigkeitserwägungen folgt. Wenn Ersteres ist hier der Fall, so dass auch die formularmäßige Verlängerung nur dann zu billigen ist, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist und maßvoll erfolgt.
3. Eine sachliche Rechtfertigung der Verlängerung der Verjährungsfrist für Ansprüche des Vermieters hat der BGH jedenfalls im Wohnraummietrecht nicht gesehen. Der Vermieter wird mit Rückgabe der Mietsache in die Lage versetzt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, inwieweit ihm Ansprüche wegen Veränderung bzw. Verschlechterung der Mietsache zustehen. Es ist nicht ersichtlich, dass dies innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist nicht vorgenommen werden könnte. Darüber hinaus betrifft die Regelung in § 548 BGB auch die berechtigten Interessen des Mieters, da dieser nach Rückgabe der Sache keinen Einfluss mehr auf die Mietsache hat und keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen kann. Auch der Regelungszweck einer zeitnahen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit spricht gegen die Zulässigkeit einer formularvertraglichen Verlängerung der Verjährungsfrist, so dass nach alledem die Verjährungsverlängerung unzulässig ist (so für eine entsprechende Vereinbarung beim Wohnraummietverhältnis BGH, Urteil vom 08.11.2017, VIII ZR 13/17, BGHZ 217, 1-13, Rn. 27 ff.).
4. Auch wenn man dies wegen der höher einzuschätzenden Privatautonomie der Parteien, der größeren Professionalität der Mietvertragsparteien und der möglicherweise komplexeren Beweissicherung in größeren Mieträumlichkeiten für das Gewerbemietrecht grundsätzlich anders sehen könnte, gilt dies jedenfalls nicht für eine wie hier vorgenommene asymmetrische Verlängerung, bei der lediglich für den Vermieter die Verjährungsfrist verlängert wird, nicht hingegen für mögliche Gegenansprüche des Mieters. In einem solchen Fall liegt jedenfalls auch im Bereich der Gewerbemiete eine unangemessene Benachteiligung vor, weil einseitig zu Lasten des Mieters von der gesetzlichen Regelung abgewichen wird. Es könnte sich die Situation ergeben, dass der Vermieter noch Ansprüche gegen den Mieter zu einem Zeitpunkt geltend machen könnte, wo dessen Gegenansprüche nach sechs Monaten bereits verjährt wären. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes stellt sich die Verlängerung der Verjährungsfrist jedenfalls im vorliegenden Fall als unangemessen benachteiligend für den Mieter und deshalb unwirksam dar.
Normenkette
BGB § 214 Abs. 1, § 307 Abs. 1, § 548 Abs. 1
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 24.01.2024, Az. 10 O 90/23, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den Berufungsrechtszug auf 21.816,32 EUR festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem beendeten Gewerberaummietverhältnis zwischen der Klägerin als Eigentümerin und Vermieterin eines Ladenraumes in der W.straße in R. und dem Beklagten. Bezüglich des Sachverhalts wird auf das Urteil des Landgerichts Kiel vom 24.01.2024 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch gegen den Beklagten auf Schadensersatz wegen Verschlechterung der Mietsache vorlägen. Etwaige Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Der Beklagte habe sich auf das ihm zustehende Leistungsverweigerungsrecht auch berufen, so dass der Durchsetzbarkeit etwaiger Schadensersatzansprüche der Klägerin die dauernde Einrede der Verjährung entgegenstehe (§ 214 Abs. 1 BGB).
Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB sei nach ...