Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich sind die genaue Bezeichnung und Rechtsgrundlage des zu übertragenden Anrechts anzugeben.
2. Bei der Berechnung des nach § 10 Abs. 1 VersAusglG maßgeblichen Ausgleichswerts sind die Versorgungsträger nicht darauf beschränkt, die Bezugsgröße nominal zu teilen. Vielmehr stehen ihnen Ermessensspielräume bei der Berechnung des Ausgleichswerts zu, so lange diese insbesondere eine gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an dem betroffenen Anrecht sicherstellen. Ein Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz (§ 5 Abs. 1 VersAusglG) liegt nicht vor, wenn der von der VBL vorgeschlagene Ausgleichswert nicht der numerischen Hälfte entspricht.
3. Die Höhe des Ausgleichswert wird ermittelt, indem der hälftige Ehezeitanteil der ausgleichspflichtigen Person anhand ihrer versicherungsmathematischen Barwertfaktoren in einen Kapitalwert umgerechnet und nach Abzug der hälftigen Teilungskosten anhand der versicherungsmathematischen Barwertfaktoren der ausgleichsberechtigten Person umgerechnet wird. Hälftig geteilt werden also nicht die Versorgungspunkte oder der Barwert der zu erwartenden Rente (entgegen OLG Frankfurt - FamRZ 2014, 755-757).
4. Bei der versicherungsmathematischen Kalkulation künftiger Rentenleistungen werden schon immer nach Geschlechtern differenzierende Sterbetafeln und daraus abgeleitete Barwertfaktoren verwendet. Diese Vorgehensweise ist mit dem in Art. 3 GG verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, weil nur dadurch die tatsächlich statistisch unterschiedliche Lebenserwartung von Mann und Frau berücksichtigt werden kann.
Verfahrensgang
AG Lübeck (Beschluss vom 08.04.2015; Aktenzeichen 121 F 126/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 12.5.2015 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Lübeck vom 8.4.2015 geändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der VBL (Vers.-Nr...) zugunsten der Antragstellerin auf Grundlage von § 32a VBL-Satzung in der Fassung der 19. Satzungsänderung im Abrechnungsverband West ein Anrecht i.H.v. 7,36 Versorgungspunkten, bezogen auf den 31.7.2009 übertragen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Lübeck vom 3.5.2010 wurde die Ehe der beteiligten Ehegatten rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich bei der Deutschen Rentenversicherung Nord durchgeführt. Hinsichtlich der Anwartschaften bei der VBL war der Versorgungsausgleich ausgesetzt worden. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 8.4.2015 hat das AG - Familiengericht - Lübeck im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der VBL zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht i.H.v. 7,36 Versorgungspunkten bezogen auf den 31.7.2009 übertragen.
Gegen diesen, der Antragstellerin am 15.4.2015 zugestellten Beschluss wendet sich diese mit ihrer am 12.5.2015 eingegangenen Beschwerde.
Die Antragstellerin macht geltend, dass es sich bei dem Anrecht der VBL zur Versicherungsnummer... unstreitig um ein Anrecht des Antragsgegners handele und demzufolge dieses Anrecht im Wege der internen Teilung zugunsten der Antragstellerin zu übertragen sei. Außerdem müsse bei der Übertragung die genaue Bezeichnung und Rechtsgrundlage des übertragenen Anrechts angegeben werden. Zudem läge ein Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz gem. § 1 Abs. 1 VersAusglG oder gegen die Regelung des § 5 Abs. 1 VersAusglG vor, weil der von der VBL vorgeschlagene Ausgleichswert nicht der numerischen Hälfte des von der Antragstellerin erworbenen Ehezeitanteils entspreche. Nach den vorliegenden Auskünften der VBL hat der Antragsgegner während der Ehezeit (1.11.2001 bis 31.7.2009) ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 34,83 Versorgungspunkten erlangt. Der Versorgungsträger hat gem. § 5 Abs. 3 VersAusglG vorgetragen, den Ausgleichswert mit 7,36 Versorgungspunkten zu bestimmen. Der korrespondierende Kapitalwert nach § 47 Abs. 5 VersAusglG beträgt 5.238,72 EUR.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die diesem vorausgegangenen Auskünften der VBL und die Beschwerdeschrift vom 12.5.2015 Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 58 ff., 63 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
1. Zu Recht hat die Beschwerdeführerin bereits mit Schriftsatz vom 21.4.2015 (Bl. 75 GA) darauf hingewiesen, dass das Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss fälschlicherweise im Tenor und in den Beschlussgründen von VBL- Anrechten der Antragstellerin ausgegangen ist. Tatsächlich handelt es sich um ein Anrecht des Antragsgegners aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, wie sich aus dem Schreiben der VBL vom 19.2.2015 ergibt. Gemäß § 10 Abs. 3 VersAusglG sind die Regelungen übe...