Verfahrensgang

LG Flensburg (Urteil vom 31.05.2023; Aktenzeichen 2 O 132/22)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 31.05.2023 - Az. 2 O 132/22 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der I. GmbH & Co. KG vom 21.06.2022 zu TOP 9 betreffend die Ergebnisverwendung 2021 mit dem Inhalt: "Es kommt zur Abstimmung, ob alle einverstanden sind, dass Höhe und Zeitpunkt der Ausschüttung durch die GF und dem Beirat entschieden werden sollen: .... Somit wird diese Entscheidung einstimmig der GF und dem Beirat obliegen", nichtig ist.

Im Übrigen werden die weitergehende Berufung und die weitergehende Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin zu 60 % und die Beklagte zu 40 % zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Flensburg - Letzteres, soweit die Kostenentscheidung teilweise aufrechterhalten bleibt - sind hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen der beklagten Kommanditgesellschaft.

Die Beklagte wurde mit dem Gesellschaftsvertrag vom 15.10.2013 gegründet. Sie hat derzeit rund 300 Kommanditisten und betreibt einen sogenannten "Bürgerwindpark". Kommanditisten konnten nach dem Gesellschaftsvertrag neben den Gründungskommanditisten sowie Gründungsgesellschaftern der Komplementärin nur volljährige Personen sein, die vom 01.09.2010 bis zum 28.02.2011 ihren Hauptwohnsitz in den Gemeinden T., A. oder B. hatten oder am Stichtag Eigentümer von Windeignungsflächen waren. Die Kommanditisten haben eine Pflichteinlage für einen gezeichneten Anteil von mindestens 3.000 EUR, höchstens 39.000 EUR, zu leisten. Die Übertragung von Anteilen ist nach § 12 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages (GV) an Verwandte in gerader Linie und Ehegatten möglich, jedoch erst nach dem Ablauf des dritten Folgejahres nach Inbetriebnahme des Windparks. Nach § 14 Abs. 1 GV scheidet ein Gesellschafter, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, mit dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Gesellschaft aus. Zu den weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages vom 15.10.2013 wird auf die Anlage K 1 (Bl. 2 ff. GA LG) verwiesen.

Die Klägerin zeichnete einen Anteil mit einer Pflichteinlage von 39.000,00 EUR als Kommanditistin der Beklagten. Ihr inzwischen geschiedener Ehemann, ..., und ihre Mutter erwarben ebenfalls jeweils Pflichteinlagen in Höhe von 39.000 EUR. Die damaligen Eheleute Andresen trafen eine auf den 18.07.2014 datierte Treuhandabrede, wonach der Ehemann den Anteilserwerb für Rechnung und mit Mitteln der Klägerin und mit entsprechender Ertragsabführungsverpflichtung an diese vornahm.

Am 05.08.2014 eröffnete das Amtsgericht Flensburg unter dem Aktenzeichen 54 IK 303/14 ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des geschiedenen Ehemanns der Klägerin, das mittlerweile abgeschlossen ist. Im Jahr 2021 erwarb die Klägerin von ihrer Mutter deren Kommanditanteil.

Bei der Beklagten blieb die Insolvenz des seinerzeitigen Ehemanns der Klägerin jahrelang ohne Reaktion, wobei streitig ist, ob bei der Beklagten hiervon Kenntnis bestand. Die Treuhandvereinbarung war bei der Beklagten jahrelang nicht bekannt. Es erfolgten an die Klägerin und ihren ehemaligen Ehemann Gewinnausschüttungen für die Jahre bis 2020. Die Klägerin fungierte betreffend die Ausschüttungen ihres geschiedenen Ehemanns insoweit als "Zahlstelle". Für das Jahr 2021 erfolgte keine Auszahlung des anteiligen Gewinns an die Klägerin und deren Ehemann. Nach dem Bekanntwerden der Insolvenz und ergebnislosen Einigungsgesprächen ab Anfang 2022 mit der Klägerin und ihrem ehemaligen Ehemann fand am 21.06.2022 eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, bei der die Klägerin nicht anwesend war. In dieser Gesellschafterversammlung wurde entsprechend des Protokolls (Anlage K 5, Bl. 135 ff. GA LG) Folgendes beschlossen:

  • Unter TOP 6 zur Vorstellung des Jahresabschlusses 2021 und Beschlussfassung für 2019/2020/2021: "Somit werden diese Jahresabschlüsse einstimmig festgestellt."
  • Unter TOP 7 zur Entlastung der Geschäftsführung für 2019/2020/2021: "Bei eigener Enthaltung wird die Geschäftsführung einstimmig entlastet."
  • Unter TOP 8 zur Entlastung des Beirats für 2019/2020/2021: "Dem Beirat wird einstimmig Entlastung für die Jahre 2019/2020 und 2021 erteilt."
  • Unter TOP 9 zur Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung 2021: "Es kommt zur Abstimmung, ob alle einverstanden sind, dass Höhe und Zeitpunkt der Ausschüttung durch die GF und dem Beirat entschieden werden sollen: [...] Somit wird diese Entscheidung einstimmig der GF un...

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