Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob/wann ein Kläger vom Betreiber einer Windenergieanlage Unterlassung des Betriebs der Windenergieanlage oder mindestens Schutzmaßnahmen verlangen kann.

 

Normenkette

BGB § 906 Abs. 1-2, § 1004 Abs. 2; BImSchG § 14 S. 1 Hs. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 21. Januar 2020, Az. 7 O 294/18, wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleitung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Unterlassung, hilfsweise Einschränkung des Betriebs einer in räumlicher Nähe zu seinem Wohngrundstück errichteten Windenergieanlage.

Der Kläger ist Eigentümer eines Einfamilienhauses in X., welches er mit seiner Familie bewohnt. Im Wesentlichen südlich des Grundstücks des Klägers plante die A. AG die Errichtung des Windparks Y.. Dieser besteht aus insgesamt 16 neu zu errichtenden Windkraftanlagen des Typs Enercon E-82 E2 mit einer Nennleistung von je 2,3 Megawatt. Die Anlagen haben eine Nabenhöhe von 78 m, einen Rotordurchmesser von 82 m und eine Gesamthöhe von 119 m. Das Ingenieurbüro B. GmbH erstattete für den geplanten Windpark am 13. April 2014 ein schalltechnisches Gutachten, in dem für insgesamt 42 immissionsschutzbedürftige Orte, die von Schallemissionen der Anlagen des Windparks betroffen sein würden, die jeweilige Vorbelastung, die erwartete Zusatzbelastung durch den Windpark und die sich daraus jeweils ergebende Gesamtbelastung berechnet wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf das vorgenannte Gutachten (Blatt 232 - 263 d. A., im Folgenden: Prognosegutachten) Bezug genommen.

Das Objekt des Klägers ist in diesem Gutachten als Immissionsort Nummer zwei berücksichtigt. Für diesen geht das Prognosegutachten von einer Vorbelastung von 37 dB(A), einer Zusatzbelastung durch die Anlagen des Windparks von 40 dB (A) und einer daraus resultierenden Gesamtbelastung von 42 dB(A) (Seite 17 des Prognosegutachtens) bei einem zulässigen Pegel von 45 dB(A) nachts aus. Dem Prognosegutachten liegt zugrunde, dass der jeweilige Schallleistungspegel, den die 16 Anlagen erreichen, nachts die im Gutachten auf Seite 21 genannten Werte nicht überschreitet.

Räumlich gesehen mit Abstand am nächsten zum Grundstück des Klägers liegt die unter der Nummer 13 des Prognosegutachtens erfasste Windenergieanlage. Diese befindet sich in einer Entfernung von etwa 440 m ungefähr südlich des Grundstücks des Klägers. Für diese Anlage ist im Gutachten ein Schallleistungspegel von 103,5 dB(A) zugrunde gelegt. Der Anlagenhersteller, die Firma Enercon, garantiert die Einhaltung eines Schallleistungspegels von 103,5 dB(A) bis zu einer Leistung von 2 MW.

Aufgrund des Gutachtens erhielt die A. AG am 19. November 2014 vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein eine Genehmigung nach § 4 BImSchG für die Errichtung dieser Anlage (Anlage K1). Auch zur Nachtzeit sei mit den in der Prognose berücksichtigten Reduzierungen der nächtlichen Schallleistungen der Anlage keine Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte zu erwarten. Im laufenden Betrieb sei die Einhaltung des der Prognose zu Grunde gelegten Schallleistungspegels durch eine gutachterliche Abnahmemessung nachzuweisen. Zur Tagzeit sei auch bei ungedrosseltem Betrieb der Anlagen keine Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte zu erwarten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Genehmigungsbescheids wird auf die Anlage K1 verwiesen. Der Kläger erhob gegen die Immissionsschutzgenehmigung Widerspruch, der durch Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2015 (Anlage K2) zurückgewiesen wurde. Die Genehmigung ist bestandskräftig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Die Anlage wurde in der Folge errichtet und wird von der Beklagten betrieben. Sie wurde zunächst nachts mit reduzierter Leistung betrieben. Die A. AG ließ ein Schallemissionsgutachten erstellen, mit welchem die Einhaltung des Schallleistungspegels überprüft wurde. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass ein Schallleistungspegel von 103,5 dB bei dieser Anlage auch bei maximaler Leistung nicht überschritten werde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten Anlage B2, dort insbesondere Seite 8, Bezug genommen. Die Anlage wird nunmehr auch zur Nachtzeit ungedrosselt betrieben.

Der Kläger hat die Ergebnisse des Schallprognosegutachtens bestritten und behauptet, die Anlage verursache erhebliche Schallimmissionen an seinem Wohnhaus, die das von ihm hinzunehmende Maß übersteigen würden. Die exakte Berechnung sei von erheblicher Bedeutung, da auch die nach dem Schallprognosegutachten errechneten Werte ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge