Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskunftspflicht eines Notars gem. § 242 BGB gegenüber dem Insolvenzverwalter

 

Normenkette

BGB § 242; InsO §§ 97-98; BeurkG § 51; StGB § 156

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 16.03.2012)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.3.2012 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des LG Lübeck wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners H. im Wege der Stufenklage Auskunft über die Urkundennummern von notariellen Urkunden, die der Beklagte als Notar unter Beteiligung des Schuldners H., handelnd für sich als natürliche Person, erstellt hat, um sodann in der Leistungsklage die Herausgabe von Ausfertigungen sämtlicher Urkunden geltend machen zu können. Wegen des erstinstanzlichen Sachvortrages der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des LG wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt: Als Anspruchsgrundlage komme nur § 242 BGB in Betracht. Voraussetzung für einen solchen Anspruch sei eine schon bestehende Sonderverbindung zwischen dem Auskunftsbegehrenden und dem Auskunftsverpflichtenden. Eine solche bestehe jedoch vorliegend nicht. Im Übrigen fehle das für einen Leistungsanspruch erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Wenn der Kläger die Urkundennummern kennen würde und der Beklagte gleichwohl nicht die Ausfertigungen erteilen würde, könne der Kläger einfacher und billiger im Wege der Notarbeschwerde vorgehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor:

  • Entgegen der Ansicht des LG liege die für einen Auskunftsanspruch erforderliche Sonderverbindung hier vor. Eine solche ergäbe sich aus § 51 BeurkG. Der Beklagte habe eine ganze Reihe von notariellen Urkunden über Willenserklärungen des Schuldners errichtet, die dieser für sich als natürliche Person handelnd abgegeben habe. Daraus folge eine schuldrechtliche Sonderverbindung zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits. Die über Willenserklärungen des Schuldners errichteten Urkunden gehörten gem. § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO zur Insolvenzmasse, mit der Folge, dass der Anspruch gem. § 51 Abs. 1 BeurkG nach § 80 InsO vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden könne. Zu diesem Ergebnis komme auch das OLG Brandenburg in der vom LG zitierten Entscheidung. Die dortige Klagabweisung beruhe lediglich darauf, dass der dortige Kläger Auskunft über einen bestimmten Vertrag verlangt habe, den der beklagte Notar unstreitig gar nicht beurkundet habe.
  • Dem Kläger fehle ohne eigenes Verschulden die Kenntnis über die vom Beklagten für den Schuldner errichteten Urkunden. Der Schuldner habe gegenüber dem Kläger trotz wiederholter Aufforderungen seine Vermögensverhältnisse nie vollständig offen gelegt. Der Kläger sei im Insolvenzverfahren wiederholt auf Urkunden über Vermögensverfügungen des Schuldners gestoßen, über deren Existenz der Schuldner ihn entgegen seiner Auskunftspflicht gem. § 97 InsO nicht aufgeklärt gehabt habe.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des LG Lübeck vom 16.3.2012 im Wege der Stufenklage zu verurteilen, dem Kläger auf erster Stufe unter Nennung der Urkundennummer Auskunft darüber zu erteilen, welche notariellen Urkunden er unter Beteiligung des Herrn H., geboren am ..., handelnd für sich als natürliche Person, errichtet hat und auf zweiter Stufe ggf. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern sowie auf dritter Stufe unbeglaubigte Ausfertigungen sämtlicher Urkunden gemäß der erteilten Auskunft nach Ziff. 1 an den Kläger herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrages das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor:

  • Der Schutz anderer etwaiger Urkundsbeteiligter sei nicht gewährleistet.
  • Das Begehren des Klägers sei zu weitreichend, weil er die Herausgabe von Urkunden verlange, die im Hinblick auf das vom Kläger geführte Insolvenzverfahren ohne jegliche Bedeutung seien. Das gälte z.B. für letztwillige Verfügungen und andere höchst persönliche Angelegenheiten. Insoweit trete der Insolvenzverwalter nicht in die Rechtsstellung des Schuldners ein.
  • Der Antrag des Klägers verstoße gegen das rechtstaatlichen Verbot der Ausforschung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die bis zum Senatstermin am 16.4.2013 zur Akte gelangten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, da das LG die Klage zu Recht abgewiesen hat.

1. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch kann weder aus der Insolvenzordnung, noc...

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