Leitsatz (amtlich)
- Bei Ausführung eines Überweisungsauftrags gilt für die Bank das Prinzip der formellen Auftragsstrenge.
- Stimmen Kontonummer und Kontoinhaber nicht überein, ist grundsätzlich die namentliche Empfängerbezeichnung maßgeblich.
Orientierungssatz
Überweisungsgutschrift bei Auseinanderfallen von Divergenz zwischen Kontonummer und Empfängerbezeichnung.
Normenkette
pVV; BGB § 812
Beteiligte
Verfahrensgang
LG Itzehoe (Urteil vom 24.03.1999; Aktenzeichen 6 O 400/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 24. März 1999 – 6 O 400/98 – geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 11.026,15 DM.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Der Klägerin stehen die von ihr verfolgten Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung und aus Eingriffskondiktion nicht zu.
Die Parteien streiten über die richtige Ausführung eines durch das Finanzamt Elmshorn erteilten, im mehrgliedrigen Zahlungsverkehr über die Landeszentralbank und die Beklagte abgewickelten Überweisungsauftrags.
1. Dieser Überweisungsauftrag begründet keine unmittelbaren Rechte der Klägerin als (vermeintlicher) Empfängerin. Es handelt sich um eine Rechtsbeziehung zwischen der Auftraggeberin und ihrer Bank bzw. zwischen den mit der Abwicklung betrauten Banken. Es werden allein Rechte und Pflichten zwischen dem Überweisenden und den jeweiligen Banken begründet; insbesondere ist der Überweisungsauftrag kein Vertrag zugunsten Dritter (Schimansky in Bankrechts-Handbuch § 49 Rn. 4, 12, 33; Senatsurteil vom 24. Februar 2000 – 5 U 193/98 –). Bei Ausführung des Auftrags haben sich die Banken nach dem Prinzip der formalen Auftragsstrenge zu richten. Sie haben ausschließlich die im Überweisungsformular niedergelegten oder sonst bei Erteilung des Auftrags gegebenen Weisungen zu befolgen. Mit dem Valutaverhältnis oder sonstigen mit der Überweisung verfolgten Interessen brauchen sie sich nicht zu befassen. Sie sind weder verpflichtet noch überhaupt in der Lage, Überlegungen über die Zweckmäßigkeit der einzelnen Überweisungen anzustellen (Schimansky a. a. O. Rn. 15; Canaris Rn. 331; BGH NJW 1994, 2082, 2084 a. E.).
Das Prinzip der formalen Auftragsstrenge orientiert sich seinerseits an dem objektiven Erklärungswert, den der Auftrag für die Bank haben muß (Schimansky a. a. O. Rn. 16). Umgekehrt gilt, daß die Bank auch bei Auslegung des Inhalts des ihr erteilten Auftrags das Prinzip der formalen Auftragsstrenge zu beachten hat (Canaris Rn. 330). Geht es darum, daß Kontonummer und Empfängerbezeichnung nicht übereinstimmen, so ist grundsätzlich die Empfängerbezeichnung maßgeblich. Die Bank hat sich deshalb an den Namen des Empfängers zu halten, weil dieser eine wesentlich sicherere Individualisierung ermöglicht und die Überweisung demgemäß bei einer Auslegung des Auftrags gemäß §§ 133, 157 BGB im Zweifel dem Namensträger und nicht dem Inhaber des durch die angegebene Nummer bezeichneten Kontos zugute kommen soll (BGH NJW 1991, 3208; BGH WM 1972, 308; Canaris Rn. 331; Schimansky a. a. O. Rn. 18).
Das Finanzamt hat einen Überweisungsauftrag erteilt, der auf H. als Empfänger und auf die Nr. 80985 als Empfängerkonto lautete. Unstreitig unterhielt der Empfänger H. bei der Beklagten das Konto 73865, während das im Überweisungsauftrag bezeichnete Konto der Klägerin zuzuordnen war. Demnach fielen Überweisungsempfänger und Inhaber des Kontos, auf das der überwiesene Betrag gehen sollte, auseinander. Die Beklagte durfte – und mußte dies sogar – sich für diesen Fall an die namentliche Bezeichnung des Überweisungsempfängers halten. Dies entspricht dem Grundsatz der formalen Auftragsstrenge ebenso wie dem Ergebnis einer an objektiven Kriterien orientierten Auslegung. Es haben sich auch sonst für die Beklagte keine Anhaltspunkte ergeben, daß tatsächlich die Kontonummer 80985 für die Ausführung des Auftrags maßgeblich sein sollte.
Die von der Klägerin hervorgehobene wechselseitige Bevollmächtigung der Inhaber der Konten 73865 und 80985 wirkt sich nicht aus. Zwar waren der Beklagten diese Bevollmächtigungen bekannt. Daraus allein mußte für sie aber noch nicht folgen, daß der Überweisungsempfänger H. das Konto 80985 gegenüber dem Finanzamt als Zahlstelle angegeben hatte. Denn er unterhielt bei der Beklagten ein eigenes Konto. Es ging bei dem Konto 80985 nicht etwa um ein offenes Treuhandkonto, über das sämtliche Zahlungsvorgänge des Treugebers abgewickelt wurden, ohne daß er über ein anderes Konto verfügt hätte. Der bloße Umstand, daß die Klägerin und H. geschäftlich miteinander verbunden waren und sich aus diesem Grunde wechselseitig Kontovollmacht erteilt hatten, besagt für sich allein gar nichts.
Der auf dem Überweisungsträger angegebene Verwendungszweck brauchte die Beklagte nicht zu i...