BGH: Haftung für Banküberweisung ohne Auftrag

Ein Bankberater führte für eine Kundin regelmäßig Überweisungsaufträge aus, die er per Mail bekam. Nachdem er falsche Überweisungen tätigte, musste jetzt der BGH klären, ob die Bank der Kundin den Betrag erstatten muss.

Wie kann es zu einem solchen Missverständnis kommen? In dem Fall traf sich eine Bankkundin am 4. Mai 2016 mit ihrem Berater und sprach mit ihm unter anderem über den Erwerb einer Eigentumswohnung in London. Im Zeitraum vom 11. Mai 2016 bis zum 1. Februar 2017 gingen bei dem Bankberater 13 E-Mails mit Zahlungsanweisungen in englischer Sprache ein, die als Absender jeweils die E-Mail-Adresse der Kundin enthielten und denen jeweils eine Rechnung mit dem Überweisungsbetrag und den Daten des Empfängers beigefügt war.

Bankberater überweist Beträge für gefälschte Rechnungen ohne Verdacht zu schöpfen

Der Bankberater überwies vom Girokonto seiner Kundin an die Rechnungssteller in Ungarn, Dubai und Großbritannien die jeweiligen Beträge. Wie in der Vergangenheit auch, hielt er keine Rücksprache mit seiner Kundin, bestätigte aber die Ausführung der jeweiligen Zahlung per Mail an die E-Mail-Adresse der Kundin. Dass die Rechnungen gefälscht waren und die angegebenen Rechnungssteller nicht existierten, bemerkte er nicht.

Bankkundin bemerkt die Fehlbuchungen erst sehr spät

Insgesamt wurden von dem Konto der Bankkundin gut 255.000 EUR abgebucht. Die Kundin bemerkte dies erst, nachdem sie die Kontoauszüge vom 1. Februar 2017 erhalten hatte. Sie meldete sich daraufhin bei der Bank mit dem Hinweis, dass sie die vom 11. Mai 2016 bis zum 1. Februar 2017 ausgeführten Überweisungen nicht nachvollziehen könne und diese nicht beauftragt habe. Vom Kreditinstitut forderte sie die Rückerstattung des gesamten Betrags plus Verzugszinsen. Doch die Bank lehnte ab und die Kundin zog vor Gericht.

Der BGH entschied jetzt, dass die Kundin einen Erstattungsanspruch gegen die Bank hat. Im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs ist der Zahlungsdienstleister gemäß § 675u Satz 2 BGB aF verpflichtet,

  • dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und,
  • sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet wurde, dieses wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte.

Wann ist der Zahlungsvorgang einer Bank autorisiert und wann nicht?

  • Nach § 675j Abs. 1 Satz 1 BGB aF ist ein Zahlungsvorgang autorisiert und dem Zahler gegenüber wirksam, wenn dieser dem Zahlungsvorgang zugestimmt hat.
  • Die Zustimmung kann gemäß § 675j Abs. 1 Satz 2 BGB aF entweder als Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, als Genehmigung erteilt werden.

Im vorliegenden Fall habe das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die streitgegenständlichen Überweisungen, bei denen es sich um Zahlungsvorgänge i. S. v. § 675f Abs. 3 Satz 1 BGB aF handelt, nicht von der Klägerin autorisiert waren, so der BGH.

BGH: keine konkludente Genehmigung der Überweisungen

Die Bankkundin habe die Überweisungen auch nicht konkludent genehmigt und damit autorisiert, indem sie längere Zeit keine Einwendungen gegen die ihr übersandten Kontoauszüge erhoben und den von dem Bankmitarbeiter verfassten Bestätigungsschreiben nicht zeitnah widersprochen habe.

Die Zustimmung zu dem Zahlungsvorgang könne gemäß § 675j Abs. 1 Satz 2 BGB aF nur dann als Genehmigung, also als nachträgliche Zustimmung, erteilt werden, wenn diese Modalität zwischen dem Zahler und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist. Eine solche Vereinbarung liege im vorliegenden Fall nicht vor.

Die Beweislast für die Autorisierung der Überweisungen liege bei der beklagten Bank, so der BGH.

(BGH, Urteil v. 05.03.2024, XI ZR 107/22)


Schlagworte zum Thema:  Recht, Bundesgerichtshof (BGH), Urteil, Überweisung