LG Lübeck: Phishing beim Online-Banking

Ein Anruf am späten Abend – angeblich von der Hausbank – ungewöhnliche Login-Aufforderungen und eine seltsame Testüberweisung. Wenn da die Alarmglocken nicht läuten, haben Bankkunden schlechte Karten gegenüber ihrem Kreditinstitut.

Ein Mann rief über seinen PC die Internetseite seiner Bank auf. Dort wurde er aufgefordert, sich durch Eingabe seiner persönlichen Daten und seines Geburtsdatums zu legitimieren. Diese Aufforderung kam ihm seltsam vor. Der Mann befürchtete, sein Computer könne evtl. mit einem Virus infiziert sein. Er loggte sich deshalb über sein Smartphone erneut ein. Auch beim Aufruf über das Smartphone kam dieselbe Aufforderung, sich zu legitimieren.

Anruf um 21:36 Uhr von vermeintlicher Bankmitarbeitern

Der Mann schloss es für sich aus, dass sein PC und sein Smartphone beide infiziert sein könnten und gab seine persönlichen Daten auf der Website ein. Auf der Webseite wurde daraufhin ein fünfstelliger Zahlencode angezeigt plus die Mitteilung, er werde gleich angerufen. Kurze Zeit danach, um 21:36, erhielt er tatsächlich einen Anruf von einer Frau, die sich als Mitarbeiterin des Kreditinstituts ausgab.

Die Frau teilte dem Mann mit, er müsse sich legitimieren und bat ihn, die TAN-App seines Kreditinstituts zu öffnen. Dieser Aufforderung kam der Mann nach – über sein Handy gab er seine PIN ein. In der geöffneten App erschien daraufhin eine Schaltfläche mit einem roten Pfeil. Auf Bitte der angeblichen Bankmitarbeiterin verschob der Mann den Pfeil.

Betrügerin bringt Mann dazu, eine Testüberweisung zu tätigen

Die Anruferin fragte den Mann daraufhin, ob er angesichts seines Kontostandes Interesse an einem Tagesgeldkonto habe. Der Mann bejahte dies. Daraufhin sagte die Frau, sie werde als Test 15.000 EUR von seinem Girokonto auf das neu eingerichtete Tagesgeldkonto überweisen. Der Mann gab daraufhin einen Betrag – die Höhe war streitig – mit seiner TAN-App frei.

Knapp 15.000 EUR wurden auf ein fremdes Konto überwiesen

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Mann noch Glück im Unglück hatte. Von seinem Konto wurden nämlich 6 Überweisungsaufträge zu je 79.000 EUR erteilt. Da das Girokonto aber über ein Tageslimit verfügte, wurde nur ein Betrag von 14.999,99 EUR auf ein fremdes Konto überwiesen. Am nächsten Morgen bemerkte der Mann, dass dieser Betrag auf seinem Konto fehlte und kein Tagesgeldkonto für ihn eingerichtet worden war.

Von seiner Bank wollte er den Schaden ersetzt bekommen. Doch die erstattete ihm nur einen Teilbetrag in Höhe von 5.150 EUR. Vor Gericht musste geklärt werden, ob der Mann weitere Ansprüche gegen seine Bank hat.

Bankkunde überwies Geld, ohne den Empfänger und die Höhe der Überweisung nachvollziehen zu können

Der Betrogene argumentierte, er habe der Überweisung nur in Höhe von einem EUR zugestimmt. In der TAN-App sei nicht angezeigt worden, welche Überweisung an wen in welcher Höhe freizugeben war. Eine Kontrolle sei ihm daher nicht möglich und wegen der beabsichtigten Überweisung von nur einem EUR auch nicht notwendig gewesen. Er habe nichts falsch gemacht.

Das sah das LG Lübeck anders. Zwar sei ein Zahlungsdienstleister nach § 675u S. 2 BGB im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs verpflichtet, dem Zahler – z. B. dem Bankkunden – den Zahlungsbetrag zu erstatten.

Der Mann habe aber grob fahrlässig gegen die Bedingungen zum Online-Banking verstoßen, wonach die Freigabe eines Auftrags erst nach Prüfung der Auftragsdaten erfolgen dürfe. Er hätte ohne Anzeige der konkreten Auftragsdaten keinerlei Aufträge freigeben dürfen.

4 Warnhinweise, die der Bankkunde nicht hätte ignorieren dürfen

Zudem habe der klagende Bankkunde aus folgenden Gründen grob fahrlässig gehandelt:

  1. Es gab mehrere deutliche Warnhinweise, die dem Kläger auch aufgefallen waren. Dass auch Gefahren bei der Freigabe von nur einem EUR bestünden, hätte er erkennen müssen.
  2. Auf die Nutzung eines anderen Gerätes – Smartphones anstatt PC – hätte sich der Mann nicht verlassen dürfen, insbesondere nicht beim Aufruf der Website auf demselben Weg.
  3. Ein weiterer deutlicher Warnhinweis sei der Anruf spätabends um 21.36 durch die vermeintliche Bankmitarbeiterin gewesen. Ein Anruf zu dieser Zeit verpflichte zu besonderer Vorsicht.
  4. Ebenso deutlich sei der Warnhinweis gewesen, dass die Anruferin dem Mann vorschlug, angesichts des Kontostandes auf seinem Girokonto ein Tagesgeldkonto einzurichten. Die Erklärung, zum Test müsse ein bestimmter Betrag überwiesen werden, den der Mann freigeben müsse, hätte spätestens den Verdacht erhärten müssen, dass es sich um einen Betrugsversuch handelte.

Fazit:

Die Klage des Bankkunden wurde abgewiesen. Er hat keinen Anspruch auf die 9.849 EUR, die ihm die Bank nicht erstattet hatte.

(LG Lübeck, Urteil v. 3.1.2024, 3 O 83/23)


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