Soweit eine obligatorische Streitschlichtung landesgesetzlich vorgeschrieben ist, muss in den betreffenden Ländern ein Schlichtungsversuch in folgenden Fallgestaltungen unternommen werden, bevor Klage erhoben werden kann.
2.1 Nachbarrechtliche Streitigkeiten
- Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 BGB geregelten Einwirkungen, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt. Diese Fallgestaltung betrifft Nachbarstreitigkeiten etwa wegen der von einem Nachbargrundstück ausgehenden Geruchs- oder Lärmbelästigungen sowie wegen ähnlicher Belästigungen und Störungen aus dem privaten Nachbarschaftsbereich.
- Streitigkeiten wegen des Überwuchses von Wurzeln oder Zweigen über die Grundstücksgrenze nach § 910 BGB.
- Streitigkeiten wegen Fallobst nach § 911 BGB.
- Streitigkeiten wegen eines Grenzbaums nach § 923 BGB.
- Streitigkeiten wegen der in den Landesnachbarrechtsgesetzen geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt.
Bei Zahlungsansprüchen kein Schlichtungserfordernis
Nach Auffassung des BGH gilt das Erfordernis einer außergerichtlichen Streitschlichtung ohne eine diesbezügliche Regelung generell nicht für Ansprüche, die auf Zahlung gerichtet sind. Auf die Frage, ob der Sachverhalt, aus dem der Anspruch hergeleitet wird, dem Erfordernis der obligatorischen Streitschlichtung unterfällt, kommt es nach Meinung des Gerichts dabei nicht an.
Sonderfall Wohnungseigentum
Auf Nachbarstreitigkeiten im Verhältnis von Wohnungseigentümern in einer Wohnanlage untereinander finden die das Nachbarrecht betreffenden landesgesetzlichen Vorschriften zur obligatorischen Streitschlichtung keine Anwendung. Denn nach Meinung der Gerichte gelten für Wohnungseigentümer die besonderen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes mit der Folge, dass die Vorschriften des allgemeinen Nachbarrechts entweder überhaupt nicht oder nur mittelbar Anwendung finden.
Das betrifft etwa die nur mittelbare Anwendung des § 906 BGB oder die Beachtung der landesgesetzlich geregelten Grenzabstände für Bäume, Hecken und Sträucher bei der Bepflanzung sondergenutzter Gartenflächen.
2.2 Ehrverletzungsstreitigkeiten
Ehrverletzungsstreitigkeiten betreffen Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind. Diese Regelung gilt allgemein, sie ist aber auch bei Nachbarstreitigkeiten einschlägig, da diese in vielen Fällen mit wechselseitigen Beleidigungen verbunden sind.
2.3 Allgemeine vermögensrechtliche Streitigkeiten
Allgemeine vermögensrechtliche Streitigkeiten können auch bei Nachbarkonflikten eine Rolle spielen, wenn es etwa um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen geht. Was das betrifft, so ist hierzu lediglich im Saarland eine obligatorische Streitschlichtung – und zwar für Ansprüche bis zu einem Streitwert von höchstens 600 EUR – landesgesetzlich vorgeschrieben. Alle anderen Bundesländer haben entweder von Anfang an auf eine derartige Regelung verzichtet oder aber ihre diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen im Laufe der Zeit wieder aufgehoben. Der Grund dafür ist darin zu sehen, dass bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten gemäß § 15a Abs. 2 Nr. 5 EGZPO eine gesetzliche Umgehung durch das Mahnverfahren möglich ist, bei dem das Erfordernis einer obligatorischen Streitschlichtung entfällt.