§ 35 BauGB, der die Außenbereichsbebauung regelt, kennt 2 Arten von Vorhaben. Das sind einmal alle normalen Bauvorhaben, die im Außenbereich nur dann errichtet werden dürfen, wenn sie keine öffentlichen Belange beeinträchtigen. Das sind zum Zweiten die sog. privilegierten Bauvorhaben, vor allem der Landwirtschaft, die in § 35 Abs. 1 BauGB aufgelistet sind und deren Zulassung erleichtert ist.
Kaum Chancen auf Genehmigung im Außenbereich
Ein normales Bauvorhaben, Wohnhaus, Gewerbebetrieb oder Wochenendhaus hat kaum Chancen, eine Genehmigung im Außenbereich zu bekommen, da immer irgendeiner der öffentlichen Belange, wie Widerspruch zum Flächennutzungsplan, Widerspruch zu Landschaftsplänen, schädliche Umwelteinwirkungen etc. tangiert ist. Anders ist es bei den privilegierten Vorhaben, bei denen das Gesetz zunächst einmal von der Genehmigungsfähigkeit ausgeht und sie nur dann verneint, wenn öffentliche Belange entgegenstehen, d. h. also eine starke Schädigung öffentlicher Belange zu erwarten ist.
Bisher privilegierte Energiearten im Außenbereich
In der Liste der privilegierten Bauvorhaben in § 35 Abs. 1 BauGB befanden sich bisher im Wesentlichen nur 2 der für die Energiewende wichtigen neuen Energiearten, nämlich die Wind- und die Biomasseenergie. Die Nutzung der Sonnenenergie war nach § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB dagegen nur in den Fällen privilegiert, in denen Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an und auf Dach- und Außenflächen von zulässiger Weise genutzten Gebäuden errichtet wurden.
Problem großflächige Freiflächen
Großflächige Freiflächen im Außenbereich waren nicht privilegiert. Sie konnten nur genehmigt werden, wenn die Gemeinde vorher einen dafür speziell ausgerichteten Bebauungsplan erlassen hatte. Das war in vielen Gemeinden der Fall, in vielen anderen aber waren die örtlichen Bedenken gegen solche Bebauungspläne zu groß, um sie durchführen zu können.
Neue Privilegierung: Solarenergie-Erzeugung entlang Autobahn und Schienenweg
Seit 1.1.2023 gilt aber eine neue Rechtslage. Das Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht vom 4.1.2023 (BGBl. 2023 I) hat einen neuen bauplanungsrechtlichen Privilegierungstatbestand zur Nutzung der Solarenergie längs von Autobahnen und bestimmten Schienenwegen eingeführt. Diese Bestimmung findet sich jetzt in § 35 Abs. 1 Nr. 8b BauGB.
Privilegiert sind danach freie Flächenanlagen für Solarenergie auf einer Fläche längs der Autobahnen und längs von 2 mit Hauptgleisen ausgebauten Schienenwegen in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern. Diese Flächen entlang von Autobahnen und Schienenwegen sind ohnehin durch optische und akustische Belastungen vorgeprägt, sodass eine Belegung mit Solaranlagen auch unter Umweltgesichtspunkten vertretbar erscheint. Diese neue Privilegierung gilt für alle Anlagen zur Nutzung der solaren Energie, d. h. sowohl für Anlagen zur Stromgewinnung (Fotovoltaikanlagen), wie für Anlagen zur Wärmegewinnung (Solarthermieanlagen).
Geringe Interessenkonkurrenz
Mit diesem neuen Privilegierungstatbestand wird die Flächenkulisse für Solaranlagen im Außenbereich erheblich erweitert. Die Erweiterung ist andererseits so begrenzt, dass eine Flächenkonkurrenz zu anderen Interessenten an Außenbereichsflächen, vor allem zur Landwirtschaft, noch immer nicht im großen Stil befürchtet werden muss.
Vorgehensweise
Als Ergebnis der Neuregelung ist festzuhalten, dass sich Interessenten für die Errichtung einer Solaranlage im Außenbereich künftig zunächst überlegen müssen, ob ihr Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 8a BauGB an oder auf zulässigerweise im Außenbereich errichteten Gebäuden angebracht werden können oder ob sie in den neu durch § 35 Abs. 1 Nr. 8b BauGB für die Solarenergie geöffneten Flächen entlang von Verkehrswegen errichtet werden. Ist das nicht der Fall, dann bleibt weiterhin nur der Weg über einen Bebauungsplan, der ein Tätigwerden der Gemeinde voraussetzt, die alle Interessen abwägen muss und dabei natürlich auch ihre lokale politische Landschaft einbeziehen wird.