1 Leitsatz

Das Grundbuchamt darf die Eintragung eines durch Gemeinschaftsordnung angelegten, bisher aber nicht gebuchten schuldrechtlichen Sondernutzungsrechts (hier: Kfz-Außenstellplatz) nur bei Bewilligung aller in Betracht kommender Rechtsinhaber vornehmen, wenn eine zwischenzeitlich außerhalb des Grundbuchs erfolgte Übertragung an einen anderen Wohnungseigentümer nicht als gänzlich unwahrscheinlich zu erachten ist.

2 Normenkette

§§ 10 Abs. 1 Satz 2, 16 Abs. 1 Satz 3 WEG; §§ 873, 878 BGB

3 Das Problem

Nach seinem Bauträgervertrag aus dem Jahr 2010 steht Wohnungseigentümer K1 an einem Stellplatz ein Sondernutzungsrecht zu. K1 verkauft sein Wohnungseigentum an K2. Dieser beantragt beim Grundbuchamt, den Stellplatz zum Inhalt des Sondereigentums zu machen. Dies lehnt das Grundbuchamt ab. Zwar habe der Bauträger bereits im Bauträgervertrag des K1 diese Inhaltsänderung des Sondereigentums bewilligt. Es sei im Jahr 2010 aber kein Antrag gestellt worden. Jetzt – über 10 Jahre später – müssten nach § 19 GBO sämtliche Wohnungseigentümer und sämtliche Grundpfandrechtsgläubiger die Inhaltsänderung bewilligen. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass das Sondernutzungsrecht zwischenzeitlich an einen anderen Wohnungseigentümer nach §§ 398, 413 BGB isoliert außerhalb des Grundbuchs übertragen worden sei. Gegen diese Sichtweise wendet sich K2.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Es sei nicht auszuschließen, dass das Sondernutzungsrecht – isoliert außerhalb des Grundbuchs – auf einen anderen der mehr als 50 Wohnungseigentümer übertragen wurde (Hinweis u. a. auf OLG München, Beschluss v. 22.12.2017, 34 Wx 139/17 und OLG Zweibrücken, Beschluss v. 1.7.2013). Das Grundbuchamt dürfe die Eintragung deshalb (nur) vornehmen, wenn alle in Betracht kommenden Rechtsinhaber nach § 19 GBO der Eintragung zustimmen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Die Wohnungseigentümer können nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG Sondernutzungsrechtsvereinbarungen treffen. Sollen diese zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden, müssen die Wohnungseigentümer und sämtliche Grundpfandrechtsgläubiger die Inhaltsänderung bewilligen. Anders ist es, wenn der Bauträger auf der Grundlage von Vollmachten eine Sondernutzungsrechtsvereinbarung zum Inhalt des Sondereigentums macht. Im Fall ist fraglich, ob dies auch noch nach 10 Jahren gilt.

Verbuchung

Für die Frage, auf welche Art und Weise im Wohnungsgrundbuch ein Sondernutzungsrecht "verbucht" wird, hat sich in der Praxis keine einheitliche Handhabung herausgebildet. Die sachenrechtlich richtige Handhabung besteht darin, dass man nur der Gemeinschaftsordnung, die Teil der Grundbuchakten ist, entnehmen kann, ob es Sondernutzungsrechte gibt und welche Reichweite diese haben. Im Interesse der "Klarheit und Sicherheit des Rechtsverkehrs" wird es aber auch als "ratsam" angesehen, ein Sondernutzungsrecht als Inhalt des Sondereigentums im entsprechenden Wohnungsgrundbuch kenntlich zu machen. Praktische Gründe sollen dafür sprechen, die jeweils zum Inhalt des Sondereigentums erhobenen Sondernutzungsrechte durch einen "kurzen, aber trotzdem aussagekräftigen Eintragungsvermerk im Bestandsverzeichnis anzudeuten". Derartige Vermerke werden häufig empfohlen und finden sich zahlreich in der Grundbuchpraxis.

Der Fall

Im Fall musste K2 nachweisen, dass weder er noch K1 auf den Inhalt der schuldrechtlichen Sondernutzungsvereinbarung eingewirkt hatten. Hierzu müssen sich alle Wohnungseigentümer erklären, da sie (bzw. ihr Wohnungseigentum) potenziell infrage kommen, nach einer schuldrechtlichen Sondernutzungsvereinbarung nunmehr berechtigt zu sein, den Stellplatz zu gebrauchen.

Rechtsbeschwerde

Der Senat hat gem. § 78 Abs. 2 GBO mit Blick auf eine Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss v. 16.6.2017, 15 W 474/16) die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Literaturtipp

Die Fragen werden umfassend dargestellt bei: Elzer, Verdinglichung eines "schuldrechtlichen" Sondernutzungsrechts am Beispiel von Kfz-Stellplätzen, NZM 2016, S. 529 und Rieger, Vorbehalten, zugewiesen und vergessen: Zur nachträglichen Eintragung zugewiesener Sondernutzungsrechte, DNotZ 2020, S. 431.

6 Entscheidung

OLG Zweibrücken, Beschluss v. 27.10.2021, 3 W 52/21

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