Alexander C. Blankenstein
1.1 Wohnungseigentümer
Stimmberechtigt ist grundsätzlich jeder im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Wohnungseigentümer. Hierbei kann es sich insbesondere handeln um eine
- natürliche Personen,
- Bruchteilsgemeinschaft (bei namentlicher Benennung der Miteigentümer),
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
- Handelsgesellschaft (OHG, KG, KGaA),
- juristische Peron (u. a. AG, GmbH, Verein),
- Wohnungseigentümergemeinschaft.
Da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG bereits mit dem Anlegen der Grundbücher entsteht, fingiert § 8 Abs. 3 WEG Erwerber von Sondereigentum im Innenverhältnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dieser und anderen Wohnungseigentümern als Wohnungseigentümer, wenn
- sie einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer haben,
- der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist und
- ihnen der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde.
Stimmberechtigt sind demnach auch diese "werdenden" Eigentümer. Stimmberechtigt sind weiter diejenigen, die das Eigentum außerhalb des Grundbuchs erworben haben, also in 1. Linie der
- Erbe und
- Ersteher in der Zwangsversteigerung.
Minderjährige/Geschäftsunfähige
Auch der minderjährige Wohnungseigentümer ist Inhaber des Stimmrechts. Allerdings kann er es in Person nicht ausüben. Ist der Wohnungseigentümer minderjährig, üben gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB seine Eltern das Stimmrecht aus. Ist der Wohnungseigentümer geschäftsunfähig, so ist auch er Inhaber des Stimmrechts, das gemäß § 1902 BGB von seinem Betreuer ausgeübt wird.
1.2 Zweiterwerber
Bis zur Eintragung des Zweiterwerbers als Eigentümer im Grundbuch, übt noch der veräußernde Wohnungseigentümer das Stimmrecht aus. Ist zugunsten des Erwerbers bereits eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen und auch der Besitz an der veräußerten Sondereigentumseinheit auf ihn übergegangen, wird vertreten, es bestehe eine Vermutung, der Erwerber sei vom veräußernden Wohnungseigentümer ermächtigt, das Stimmrecht des veräußernden Wohnungseigentümers auszuüben. Dies scheint äußerst zweifelhaft, da auch ansonsten im Rechtsverkehr kein Rechtssatz existiert, wonach eine Vertretungsmacht vermutet werden könnte. Stets sollte der Erwerber für eine ausdrückliche Ermächtigung bezüglich der Ausübung des Stimmrechts im Kaufvertrag über die Sondereigentumseinheit sorgen.
1.3 Insolvenzverwalter
Im Fall der Insolvenz des Wohnungseigentümers fällt sein gesamtes Vermögen in die Insolvenzmasse, also auch die Sondereigentumseinheit. Der Wohnungseigentümer verliert die Verfügungsbefugnis über die Wohnung oder die Teileigentumseinheit. Verfügungsbefugt ist nach § 80 Abs. 1 InsO allein noch der Insolvenzverwalter. Insoweit übt auch er allein das Stimmrecht in der Wohnungseigentümerversammlung aus. Der Wohnungseigentümer selbst ist nicht stimmberechtigt.
Der Insolvenzverwalter hat allerdings die Möglichkeit, die Sondereigentumseinheit aus der Insolvenzmasse freizugeben bzw. eine entsprechende Enthaftungserklärung abzugeben. In diesem Fall fällt die Verfügungsbefugnis auf den Eigentümer zurück und er übt wieder allein das Stimmrecht aus.
Für den Fall, dass der Insolvenzschuldner Eigentümer mehrerer Sondereigentumseinheiten in der Wohnanlage ist, von denen der Insolvenzverwalter einige aus der Insolvenzmasse freigegeben hat, andere aber nicht, ist bezüglich des Stimmrechts nach dem geltenden Stimmprinzip zu differenzieren:
- Objektprinzip: Der Insolvenzverwalter übt das Stimmrecht für die nicht freigegebenen Einheiten aus, der Eigentümer übt das Stimmrecht bezüglich der aus der Insolvenzmasse freigegebenen Einheiten aus.
Wertprinzip: Es gelten keine Besonderheiten gegenüber dem Objektprinzip. Der Insolvenzverwalter übt wiederum das Stimmrecht bezüglich der Sondereigentumseinheiten aus, die er nicht aus der Insolvenzmasse freigegeben hat, der Wohnungseigentümer das Stimmrecht bezüglich der freigegebenen Einheiten.
Stimmrechte bei Wertprinzip
Der insolvente Wohnungseigentümer ist Eigentümer einer Wohnung, die 20/1.000 Miteigentumsanteile repräsentiert und weiter Eigentümer einer Wohnung, die 35/1.000 Miteigentumsanteile repräsentiert. Der Insolvenzverwalter hat die größere Wohnung aus der Insolvenzmasse freigegeben. Er übt dann also noch das Stimmrecht bezüglich 20/1.000 Miteigentumsanteilen aus, der Wohnungseigentümer hingegen dasjenige bezüglich 35/1.000 Miteigentumsanteilen.
Kopfprinzip: Gilt das gesetzliche Kopfprinzip, ist die Rechtslage nicht eindeutig geklärt. Zwar liegt es nahe, in diesem Fall die Bestimmung des § 25 Abs. 2 Satz 2 WEG entsprechend heranzuziehen, wonach mehrere Eigentümer einer Sondereigentumseinheit das Stimmrecht ausüben und sich insoweit einigen müssen, wie sie abstimmen. Allerdings haben hier entweder der Wohnungseigentümer oder der Insolvenzverwalter die Möglichkeit,...