Rüdiger Fritsch, Dr. Olaf Riecke
Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage wird nicht bereits durch eine Änderung des optischen Erscheinungsbilds des Objekts bewirkt, sie ist erst dann anzunehmen, wenn eine Änderung der Nutzungsart vorgenommen wird.
Durch den Anbau von Balkonen oder Aufzügen wird zwar der optische Gesamteindruck erheblich verändert. Dennoch bleibt auch hiernach der Charakter des Objekts, z. B. als Wohnhaus, unverändert. Bloße architektonische Disharmonien, wie sie häufig durch den Anbau von Balkonen oder Außenaufzügen entstehen, genügen für die Annahme einer grundlegenden Umgestaltung i. S. d. § 20 Abs. 4 WEG nicht. Eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage ist bei einer Maßnahme, die der Verwirklichung eines Zwecks i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient, zumindest typischerweise nicht anzunehmen; der von dem Gesetzgeber im gesamtgesellschaftlichen Interesse erstrebten Privilegierung bestimmter Kategorien von Maßnahmen ist bei der Prüfung, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen. Eine bauliche Veränderung (z. B. ein Gedenkstein) gestaltet die Wohnanlage nicht grundlegend um, wenn sie mit einer in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen spezifischen Vorgabe für die Nutzung und Gestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (z. B. Ziergarten) vereinbar ist. Aber: Die Regelung in einer Teilungserklärung (TE), wonach für den bestimmten Bereich von zugewiesenen Gartenflächen festgelegt wird, dass diese ausschließlich der Anlage von Ziergärten dienen und die Errichtung von Baulichkeiten jeglicher Art ausgeschlossen sein soll, enthält einen "Versteinerungswillen" i. S. d. § 47 WEG, der zur Unanwendbarkeit des § 20 WEG n. F. führt.
Optische Veränderung
Wenn eine Maßnahme keine erhebliche optische Beeinträchtigung darstellt und auch nicht die Statik beeinträchtigt, hat dies oft zur Folge, dass ein Anspruch aus § 20 Abs. 3 WEG auf Gestattung besteht.
Im Fall einer tiefgreifenden Umgestaltung des optischen Gesamteindrucks kann sich der einzelne Eigentümer bei einem "Geschmacksdiktat" der Mehrheit eventuell erfolgreich auf einen Verstoß gegen die Veränderungssperre des § 20 Abs. 4 WEG berufen. Bezugspunkt ist hier aber die WE-Anlage als Ganzes, d. h. die Hürde ist sehr hoch. Der Begriff der "grundlegenden Umgestaltung" ist enger als der frühere Begriff der "Eigenart der Wohnanlage". Bloße architektonische Disharmonien genügen nicht mehr.