1 Leitsatz
Die Angemessenheit einer Frist zur Behebung eines Eintragungshindernisses richtet sich nicht danach, ob nach Antragstellung der Verlust einer Rechtsposition wegen nachträglicher Verfügungsbeschränkungen droht, sondern danach, wie lange der Zeitraum zur Behebung des Hindernisses nach Grundbuchaktenlage unter Berücksichtigung des Erledigungsinteresses und der Aufgaben des Grundbuchamtes zu bemessen ist.
2 Normenkette
§ 8 WEG; § 18 GBO
3 Das Problem
X ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Er will dieses nach § 8 WEG in Wohnungseigentum aufteilen. Das Grundstück befindet sich in dem Geltungsbereich einer auf Grundlage von § 172 Abs. 1 Satz 1 BauGB erlassenen Erhaltungssatzung und im Geltungsbereich einer auf der Grundlage von § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB erlassenen Berliner Umwandlungsverordnung vom 21.9.2021, die am 7.10.2021 in Kraft getreten ist. X beantragt am 29.9.2021 – also kurz vor Inkrafttreten der Berliner Umwandlungsverordnung – den Vollzug seiner Teilungserklärung. Fraglich ist, ob es einer Genehmigung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB bedarf. Das Grundbuchamt bejaht die Frage und setzt am 9.12.2021 eine Frist von einem Monat zur Beibringung der Genehmigung. Im Januar 2022 beantragt X die Verlängerung der gesetzten Frist um 2 Monate sowie beim Bezirksamt eine Genehmigung nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB. Das Bezirksamt verweigert die Genehmigung im Februar 2022. Dagegen legt X Widerspruch ein. X will vor diesem Hintergrund, dass das Grundbuchamt seine Entscheidung bis zum August 2022 zurückstellt. Das lehnt das Grundbuchamt ab. Dagegen beschwert sich X zum KG Berlin. Dieses weist die Beschwerde zurück. Dagegen wendet sich X mit der Rechtsbeschwerde.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Liege – wie im Fall – im Zeitpunkt der Antragstellung wegen des Fehlens einer gemäß § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB (noch, vgl. § 250 Abs. 7 Satz 1 BauGB) erforderlichen Genehmigung ein behebbares Hindernis vor, sei eine angemessene Frist zur Behebung zu setzen. So sei es im Fall geschehen. Ob das Bezirksamt die Erteilung der Genehmigung nach § 172 BauGB zu Unrecht versagt habe, sei dabei durch das Grundbuchamt nicht zu prüfen gewesen. Auch habe das Grundbuchamt keine eigenen Ermittlungen anstellen müssen. Die Notwendigkeit einer Fristverlängerung folge auch nicht aus einer entsprechend § 878 BGB erworbenen Rechtsposition. Richtig sei allerdings, dass § 878 BGB auf die sich aus dem Genehmigungserfordernis auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 Satz 1, 3 BauGB ergebende Verfügungsbeschränkung des teilenden Grundstückseigentümers entsprechend anwendbar sei. Die entsprechende Anwendung von § 878 BGB führe aber nicht dazu, dass eine grundsätzlich im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO angemessene Frist nur deshalb weiter zu verlängern sei, weil der Antragsteller zwischenzeitlich in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt worden sei und er bei einer Antragszurückweisung die aus § 878 BGB folgende Rechtsposition verliere.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall will ein Eigentümer sein Grundstück in Wohnungseigentum aufteilen. Dazu bedarf er im Einzelfall einer Genehmigung.
Genehmigungen nach dem öffentlichen Recht
Die Begründung von Wohnungseigentum bedarf in bestimmten Fällen einer Genehmigung einer Behörde. Überblick:
- Bebauungsplan. Nach § 19 Abs. 2 BauGB dürfen durch die Teilung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans keine Verhältnisse entstehen, die den Festsetzungen des Bebauungsplans widersprechen.
- Erhaltungssatzung. Die Landesregierungen sind nach § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB ermächtigt, für die Grundstücke in Gebieten einer Satzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB (zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung) durch Rechtsverordnung mit einer Geltungsdauer von höchstens 5 Jahren zu bestimmen, dass die Begründung von Wohnungseigentum nicht ohne Genehmigung erfolgen darf.
- Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten. Sofern Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne von § 201a Satz 3 und Satz 4 BauGB vorliegen und diese Gebiete nach § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB bestimmt sind, bedarf die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum grundsätzlich nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB der Genehmigung. Das Genehmigungserfordernis gilt nach § 250 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht, wenn sich in dem Wohngebäude nicht mehr als 5 Wohnungen befinden. Die Genehmigungspflicht gilt derzeit bis zum 31.12.2025.
- Gebiete mit Fremdenverkehrsfunktionen. Gemeinden, die oder deren Teile überwiegend durch den Fremdenverkehr geprägt sind, können nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung bestimmen, dass zur Sicherung der Zweckbestimmung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktionen die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum genehmigt werden muss.
- Grundstücksverkehrsordnung. Nach herrschender Meinung bedarf in den neuen Bundesländern ein Teilungsvertrag, nicht aber eine Teilungserklärung, der Genehmigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GVO – wobei die Genehmigungsfreistellung in § 2 Abs. 1 Satz 2 GVO zu berücksichtigen ist.
- Sanierungsgebiet...