Verfahrensgang
LG Erfurt (Entscheidung vom 21.03.2007; Aktenzeichen 8 O 1442/06) |
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 21.03.2007, Az. : 8 O 1442/06 durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 25.06.2008.
Gründe
Die Berufung der Klägerin hat nach einstimmiger Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichtes (§ 522 Abs. 2 S. 2 Ziff. 1 - 3 ZPO).
Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen der am 23.02.2005 erlittenen Verletzungen aus §§ 839 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG, 49 Abs. 3 ThürStrG nicht zu.
Festzuhalten ist zunächst, dass die Beklagte nach § 49 Abs. 3 ThürStrG bei Glätte nicht uneingeschränkt verpflichtet ist, alle öffentlichen Fuß- und Gehwege wie auch die im streitgegenständlichen Wohngebiet in Weimar vorhandenen Gehwege und Bürgersteige - schnee- und eisfrei zu halten.
Die Pflicht aus § 49 Abs. 3 ThürStrG steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren. Beschränken sich die Winterdienstpflichten für Gehwege innerhalb geschlossener Ortschaften zwar nicht nur auf gefährliche und verkehrswichtige Stellen, müssen gleichwohl nicht ausnahmslos alle Gehwege abgestreut und geräumt werden. Wie bei Verkehrsicherungspflichten allgemein ist entscheidend darauf abzustellen, ob der Fußgänger bei vernünftigen Sicherheitserwartungen mit der Räumung des Gehweges rechnen darf oder nicht. Von der Streupflicht auszunehmen sind daher tatsächlich entbehrliche Wege, für die ein echtes jederzeit zu befriedigendes Verkehrsbedürfnis nicht besteht. Dies gilt z. B. dann, wenn das Grundstück genauso sicher auf einem anderen Weg erreicht werden kann, ferner bei tatsächlich entbehrlichen Gehwegen, wie solchen, die durch Park- oder Grünanlagen führen oder in reinen Industriegebieten. Ein Verkehrsbedürfnis wird man des weiteren verneinen können für Wege mit reiner Abkürzungs- oder Bequemlichkeitsfunktion (vgl. hierzu ausführlich: Thüringer OLG, Urteil vom 09.03.2005, OLGR Jena 2005, 414 - 416 = NVwZ-RR 2006, 60 - 61).
Zwar ist unstreitig, dass die Klägerin ebenso wie die übrigen Anwohner den Parkplatz queren müssen, um zu ihren Wohnungen zu gelangen. Allerdings ist es nicht notwendig, in voller Länge über den Parkplatz zu laufen. Vielmehr reicht es aus, die unmittelbare und direkte Verbindung quer über den Parkplatz hinweg zu benutzen, die bei winterlichen Witterungsverhältnissen insofern ungefährlicher ist, als das anderenfalls vorhandene Gefälle nicht bewältigt werden muss.
Soweit die Klägerin - wie auch andere Anwohner - den kürzesten Weg zu ihrer Wohnung wählen und dementsprechend die streitgegenständliche Parkfläche in voller Länge benutzen, resultiert hieraus nicht ohne weiteres eine uneingeschränkte Streupflicht der Beklagten. Dient die Parkfläche vornehmlich dem Fahrzeugverkehr, wird sie durch die zeitweilige Benutzung der Anwohner (ca. 10 bis 15 Personen pro Busstopp) als Abkürzung nicht in einen dem Fußgängerverkehr dienenden Gehweg "umgewidmet". Damit bleibt es zunächst dabei, dass für die Frage, ob die Beklagte sich pflichtwidrig verhalten hat, darauf abzustellen ist, inwieweit ihr für die Parkfläche eine Räum- und Streupflicht obliegt.
Indes besteht auf Parkplätzen keine umfassende Streupflicht. Entscheidend ist vielmehr, ob die Fahrzeuginsassen sogleich die umgebenden Gehwege betreten können, also die nicht für die Kraftfahrzeuge bestimmten Teile unschwer benutzen können. Wie auf den Lichtbildern ersichtlich ist, befindet sich unmittelbar an die jeweilige Stellfläche anschließend ein Bürgersteig, der mit einigen wenigen Schritten erreicht werden kann. Ein Überqueren der gesamten Parkfläche ist demnach für die ein- und aussteigenden Fahrzeuginsassen nicht erforderlich. Hinzu kommen muss nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass es sich um einen "belebten" Parkplatz, also eine verkehrswesentliche Parkfläche handelt (vgl. hierzu grundlegend BGH VersR 1966, 90 sowie nachfolgend diese Grundsätze bestätigend BGH VersR 1983, 162).
Daran fehlt es aber hier. Zum einen lässt sich anhand der vorgelegten Lichtbilder erkennen, dass es sich um einen reinen Anwohnerparkplatz handelt. Insgesamt sind auf der abgebildeten Parkfläche ca. 15 Autos abgeparkt. Wie das Erstgericht während des Ortstermins, der an einem Wochentag in der Zeit ab 15.30 Uhr und damit während des "Berufsverkehrs" stattfand, zudem festgestellt hat, fanden während dieser Zeit kaum Fahrzeugbewegungen statt. Die Annahme des Landgerichts, es handle sich hier um keinen verkehrswichtigen und damit auch nicht (uneingeschränkt) streupflichtigen Parkplatz, ist angesichts dieser Umst...