Verfahrensgang
LG Meiningen (Beschluss vom 13.05.2022; Aktenzeichen (121) 3 O 459/18) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 13.05.2022, Az. 3 O 4598/18, aufgehoben und der Antrag des Antragstellers auf Festsetzung seiner Vergütung gegen die Antragsgegnerin gem. § 11 RVG abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; eine Kostenerstattung findet nicht statt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.160,48 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt eine Vergütungsfestsetzung gegen die Auftraggeberin gemäß § 11 RVG.
Der Antragsteller war Prozessbevollmächtigter der Antragsgegnerin in dem Rechtsstreit 3 O 459/18 vor dem Landgericht Meiningen. Das Verfahren wurde durch Vergleich beendet.
Mit Vergütungsfestsetzungsantrag vom 23.12.2021 beantragte der Antragsteller die Festsetzung einer Vergütung gegen die Antragsgegnerin. Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten. Sie hat die Verjährungseinrede erhoben und eingewandt, das Mandatsverhältnis sei ein Gefälligkeitsverhältnis gewesen.
Mit Beschluss vom 15.11.2022 hat die Rechtspflegerin die Vergütungsfestsetzung abgelehnt, da evtl. Vergütungsansprüche verjährt seien. Der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde des Antragstellers hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 13.05.2022 (der Antragsgegnerin am 21.05.2022 zugestellt) abgeholfen und die Vergütung des Antragstellers auf insgesamt 3.160,48 EUR festgesetzt.
Dagegen wendet sich nunmehr die Antragsgegnerin mit ihrer am 07.06.2022 eingegangenen sofortigen Beschwerde vom 02.12.2022. Zur Begründung hat sie erneut vorgetragen, das Mandatsverhältnis sei ein Gefälligkeitsverhältnis gewesen.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 28.03.2024 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Antragsteller ist der sofortigen Beschwerde mit Schriftsatz vom 14.04.2024 entgegengetreten.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 11 Abs. 2 S. 3 RVG, 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Antragsgegnerin konnte die sofortige Beschwerde selbst einlegen, da für das hiesige Verfahren kein Anwaltszwang besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006 - III ZB 63/05 -, juris, Rn. 14). Die am 07.06.2022 eingegangene sofortige Beschwerde wahrt die Frist des § 569 Abs. 1 ZPO, da der 04.05.2022 ein Samstag und der 06.05.2022 Pfingstmontag gewesen ist, § 222 Abs. 2 ZPO.
2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde Erfolg.
Gemäß § 11 Abs. 5 S. 1 RVG ist die Festsetzung der Vergütung abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben.
Bei der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Einwendung, bei dem Mandatsverhältnis habe es sich um ein unentgeltliches Gefälligkeitsverhältnis gehandelt, handelt es sich um eine solche nichtgebührenrechtliche Einwendung (BeckOK RVG/v. Seltmann, 63. Ed. 1.9.2021, RVG § 11 Rn. 67; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 26. Aufl. 2023, RVG § 11 Rn. 172). Über die Begründetheit des Einwands ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden. Deshalb ist grundsätzlich auch weder eine nähere Substantiierung des Einwandes zu verlangen, noch eine materiell-rechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.04.2016 - 1 BvR 1255/14 -, Rn. 3, juris). Eine Vergütungsfestsetzung war daher bereits auf den Einwand hin abzulehnen.
Es liegt auch kein Fall vor, in dem ausnahmsweise trotz des nichtgebührenrechtlichen Einwands eine Vergütungsfestsetzung erfolgen kann, da die Behauptung eines unentgeltlichen Gefälligkeitsverhältnisses gemessen an dem im hiesigen Festsetzungsverfahren anzulegenden Maßstab nicht offensichtlich unbegründet ist (vgl. BVerfG, wie vor). Die Antragsgegnerin hat konkret fassbare Umstände genannt, die nicht bereits von vornherein - ohne materiell-rechtliche Prüfung - als unbeachtlich angesehen werden können. Sie hat vorgetragen, dass sie und ihr Ehemann Rechtsanwälte gewesen aber nicht mehr zur Rechtsanwaltschaft zugelassen seien. Ihr Ehemann und der Antragsteller seien befreundet gewesen. Ihr Ehemann habe den Antragsgegner für das Verfahren um "Postulationsfähigkeits-Leihe" gebeten. Die gesamte Sachverhaltsaufarbeitung sowie die vollständige Ausformulierung der Klageerwiderung sei ausschließlich durch die Antragstellerin und ihren Ehemann erfolgt. Die Haltlosigkeit der Gefälligkeitsabrede liegt damit ohne nähere Sachprüfung nicht auf der Hand, zumal der Antragsteller auch nicht vorgetragen hat, dass er Hinweise gem. § 49 Abs. 5 BRAO erteilt hat. Zwar schließt ein Verstoß gegen § 49 Abs. 5 BRAO einen Vergütungsanspruch nicht aus. Ein solcher Hinweis hätte aber ggf. eventuellen Fehlvorstellungen der Antragsgegnerin entgegengestanden. Der Einwand eines unentgeltlichen Gefälligkeitsverhältnisses ist au...