Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Umgangskosten
Leitsatz (amtlich)
Der Antragsgegner muss als Umgangsberechtigter alle Möglichkeiten nutzen, um die Umgangskosten so niedrig wie möglich zu halten und öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen.
Der Antragsgegner ist nicht berechtigt, sich auf die Heraufsetzung des Selbstbehaltes bzw. die Minderung seines Einkommens aufgrund erhöhter Wohnkosten im Verfahren auf Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes zu berufen; er ist gesteigert erwerbsverpflichtet und damit gehalten ist, alle verfügbaren Mittel gleichmäßig zu seinem Unterhalt und demjenigen des Kindes zu verwenden.
Normenkette
BGB §§ 1601 ff
Verfahrensgang
AG Gera (Aktenzeichen 2 F 992/15) |
Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner Unterhaltsleistungen. Der Antragsgegner ist der Vater des minderjährigen Antragstellers J. K., geboren am 18.03.2008. Der Antragsgegner verfügt über ein um pauschale berufsbedingte Aufwendungen von 71,- EUR bereinigtes Nettoeinkommen von 1.152,- EUR. Der Antragsgegner wohnt in W.. Die Mutter ist nach der Trennung vom Antragsgegner mit dem minderjährigen Kind nach G. verzogen.
Mit Urkunde vom 03.12.2015 hat der Antragsgegner eine monatliche Unterhaltspflicht von 72,- EUR gegenüber dem Antragsteller anerkannt. Zahlungen erfolgten seitens des Antragsgegners monatlich in der anerkannten Höhe.
Der Antragsteller behauptet, der Antragsgegner sei leistungsfähig, um neben den anerkannten 72,- EUR weiteren monatlichen Unterhalt von 100,- EUR an den Antragsteller zu zahlen. Der Antragsteller hat daher zuletzt beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, über den anerkannten Betrag hinaus monatlich weitere 100,- EUR Unterhalt an den Antragsteller zu Händen der Kindesmutter zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt, diesen Antrag abzuweisen. Er macht insbesondere die Kosten für den Umgang mit dem minderjährigen Kind geltend. Aufgrund der Entfernung W. - G. sei der Umgang jetzt so geregelt, dass sich das Kind viermal jährlich während der Schulferien beim Kindesvater befinde. Hierdurch würden erhebliche Umgangskosten entstehen, die vom Nettoeinkommen abzuziehen seien.
Mit Beschluss des AG Gera vom 09.02.2016, auf dessen Gründe insoweit verwiesen wird, wurde der Antragsgegner in Abänderung der Urkunde mit der Nummer 454/2015 des Jugendamtes des Landkreises O. vom 03.12.2015 verpflichtet, ab dem 01.11.2015 monatlich 172,- EUR Unterhalt an J. K. zu Händen seiner Mutter monatlich im Voraus zum 1. Werktag des Monats zu zahlen.
Mit form- und fristgerechtem Antrag vom 26.02.2016 beantragte der Antragsgegner, ihm Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss mit folgendem Antrag zu bewilligen:
Unter Abänderung der Entscheidung des AG - Familiengericht- Gera vom 09.02.2016 wird der Antrag des Antragstellers abgewiesen.
Zur Begründung führt der Antragsgegner aus, dass streitig sei, wie die Umgangskosten zu ermitteln und unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen seien. Auch seien weitergehende Umgangskosten in Form erhöhter Wohnkosten auf Seiten des Antragsgegners zu berücksichtigen. Die einfache Fahrt zur Abholung des Kindes zum Umgang betrage ca. 460 km. Je Umgangskontakt würden somit zweimal Hin- und Rückfahrt anfallen und damit insgesamt 1.840 km. Bei 4 Umgangskontakten jährlich seien dies 7.160 km. Bei einer Kilometerpauschale von 0,30 EUR je gefahrenen Kilometer entspreche das einem jährlichen Aufwand von 2.208,- EUR oder 184,- EUR monatlich. Dieser Betrag sei vom Nettoeinkommen des Antragsgegners abzuziehen. Entgegen der erstgerichtlichen Entscheidung könne der Antragsgegner diese Fahrten auch nicht mit dem Zug bewältigen. Zum einen seien die Kosten der Zugfahrt deutlich höher, zum anderen würde die Reisezeit 6-7h bei mehrfachem Umsteigen betragen. Demgegenüber wäre die einfache Fahrt mit dem Auto mit maximal 4 1/2 Stunden zu veranschlagen. Auch müsse der Antragsgegner vom Hauptbahnhof in G. das Kind auch noch an dessen Wohnung abholen, wodurch weitere Fahrzeiten entstehen würden. Zudem habe der Antragsgegner erhöhte Wohnkosten, die auf den Umgang mit seinem Sohn zurückzuführen seien. Aufgrund des jährlich stattfindenden Umgang müsse der Antragsgegner eine Wohnung vorhalten, deren Kosten sich auf insgesamt 567,- EUR belaufen würde. Hierin enthalten seien Kaltmietekosten von 450,- EUR und Betriebskosten von 70,- EUR. Da im unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt nach der Tabelle lediglich ein Mietaufwand von 360,- EUR vorgesehen sei, sei die Differenz von 160,- EUR vom Einkommen des Antragsgegners abzusetzen. Nach dieser Berechnung habe der Antragsgegner bereits mehr anerkannt, als er zu zahlen verpflichtet gewesen sei. Zudem würde ein Umzug des Antragsgegners weitere Kosten verursachen, die ebenfalls abzusetzen wären. Da ein wochenweiser Umgangskontakt stattfinde, müsse das Kind auch Rückzugsmöglichkeiten, ...